Wegen der angespannten Finanzsituation der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) plant der Bund eine vorzeitige Finanzspritze für die Krankenkassen. Wie das Handelsblatt berichtete, einigten sich das Gesundheitsministerium und das Finanzministerium, 800 Millionen Euro Bundeszuschuss bereits Mitte Mai zum Auffüllen des Gesundheitsfonds zur Verfügung zu stellen.
Grund für das Eingreifen des Bundes: Die sogenannte Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds war unter den gesetzlich festgelegten Wert gefallen. In den Gesundheitsfonds fließen die Beiträge von gesetzlich versicherten Mitgliedern und deren Arbeitgebern sowie Steuermittel. Der Fonds verteilt das Geld dann an die Krankenkassen.
Gesundheitsministerin sieht Kassen als Notfallpatienten
“Die Lage der GKV ist dramatischer als ohnehin angenommen”, sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dem Handelsblatt. Sie übernehme ein System in “tiefroten Zahlen”. Die Gesetzliche Krankenversicherung sei ein “Notfallpatient”. Dass die vorgeschriebene Schwelle bei der Liquiditätsreserve bereits unterschritten sei, sei ein “erster Warnschuss”.
Im vergangenen Jahr hatten die Kassen laut Schätzungen ein hohes Defizit von 6,2 Milliarden Euro eingefahren. Die Krankenkassen hatten deshalb zum Jahresanfang ihre Beitragssätze so kräftig anheben müssen wie seit mindestens 50 Jahren nicht mehr. Gründe für das Defizit sind eine immer älter werdende Gesellschaft sowie teurere Medikamente und Krankenhausbehandlungen. Zudem wurden die Krankenkassen teilweise auch durch den Gesetzgeber angehalten, ihre Rücklagen aufzubrauchen.
GKV-Reformkonzept bis Frühjahr 2027
Für den Fall, dass die Reserve die Marke von 20 Prozent der Monatsausgaben des Fonds zu unterschreiten droht, gibt es Mechanismen zum Sichern der Zahlungsfähigkeit der Kassen, wie das Gesundheitsministerium erläuterte. Möglich ist demnach unter anderem, Teile des üblichen Bundeszuschusses von zuletzt 14,5 Milliarden Euro pro Jahr vorzuziehen.
Union und SPD streben laut Koalitionsvertrag eine Stabilisierung der Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung an. Vorschläge für eine umfassende Reform soll eine Kommission bis Frühjahr 2027 vorlegen. Die Bundesärztekammer hatte an die Politik appelliert, schneller zu reagieren.
Die Gesetzlichen Kassen hatten zuletzt eine Ausgabenbremse gefordert. Damit solle garantiert werden, dass die Krankenkassen ab sofort nicht mehr ausgeben müssen, als sie mit dem gegenwärtigen Beitragssatzniveau einnehmen.