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Britisches Drama “Brides” gewinnt Fritz-Gerlich-Preis

Wie geraten junge Menschen in die Fänge von Extremisten? Davon erzählt Nadia Fall in ihrem Spielfilmdebüt “Brides”. So ausgezeichnet, dass sie beim Münchner Filmfest von Kardinal Reinhard Marx einen Preis erhält.

Zwei Jugendliche auf dem Weg in den Urlaub – so und nicht anders wollen die beiden Freundinnen Ferdosa und Muna wirken, als sie 2015 aus Großbritannien in die Türkei reisen. Doch die Mädchen planen nichts weniger als den radikalen Bruch mit allem, was ihr Leben bisher bestimmt hat. Sie wollen sich als “Bräute” dem “Islamischen Staat” in Syrien anschließen. “Brides” (Bräute) heißt auch das Spielfilmdebüt der britischen Regisseurin Nadia Fall, das die Geschichte der jungen Musliminnen erzählt.

Es ist nicht unbedingt Hass, der die Mädchen in die Arme radikaler Islamisten treibt, auch wenn Propagandavideos und Social-Media-Einträge über den Bürgerkrieg in Syrien ihre Wirkung auf sie nicht verfehlt haben. Das gilt vor allem für die streng gläubige Ferdosa. Mehr als diese Einflüsse sind es selbst erlebte Gewalt und Rassismus, weshalb sie für sich in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sehen.

Am Mittwochabend gewann “Brides” beim 42. Filmfest München den Fritz-Gerlich-Preis. Kardinal Reinhard Marx übergab die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung, die von der katholischen Filmproduktionsfirma Tellux gestiftet worden ist. Sie erinnert an den Publizisten und NS-Märtyrer Fritz Gerlich (1883-1934). Der katholische Journalist stellte sich Anfang der 1930er-Jahre mit seiner Wochenzeitung “Der gerade Weg” den Nazis entgegen und wurde kurz nach Hitlers Wahl zum Reichskanzler 1933 festgenommen. Am 30. Juni 1934 fiel er einem Mordkommando im Konzentrationslager Dachau zum Opfer.

Der Fritz-Gerlich-Preis zeichnet seit 13 Jahren einen Beitrag aus dem Programm des Filmfests München aus. Geehrt werden Produktionen, die sich für mehr Menschlichkeit und gegen Diktatur, Intoleranz und Verfolgung einsetzen.

Die Jury sieht in “Brides” einen “Weckruf”. Der Film mahne, genau hinzuschauen, was mit Jugendlichen passiere. Er erinnere daran, “dass wir sie behutsam und sorgfältig begleiten und vor gefährlichen Manipulationen warnen und schützen müssen”. Einfühlsam erzähle das Drama, “wie aus einer Reihe kleinerer Katastrophen schließlich eine große Katastrophe wird”. Ausgrenzung und soziale Ungerechtigkeit befeuerten die Radikalisierung junger Menschen und ihre Rekrutierung durch Extremisten. “Der Film besticht durch diese Aktualität.”

Nadia Fall setzt in ihrer Regiearbeit auf leise Mittel und überrascht vor allem zu Beginn mit einem humorvollen Ansatz. Die ruhige Ferdosa, die “Doe” genannt wird, und die impulsive Muna albern herum wie ganz normale Jugendliche. Ihre Naivität zeigt sich in pointierten Details. Auf ihrer Reise zu den Islamisten verzichten sie nicht auf Eyeliner und Turnschuhe.

Obwohl sie sich streng an die Vorgaben einer IS-Kontaktperson halten, werden sie am Flughafen in Istanbul nicht wie angekündigt abgeholt. Sie beschließen, sich auf eigene Faust bis zur Grenze durchzuschlagen. Als ihnen Geld und Ausweise abhandenkommen, müssen sie improvisieren. Mit einer erfundenen Geschichte von einem Onkel, den sie besuchen wollen, schaffen sie es, dass ihnen freundliche Mitmenschen helfen.

Je näher Doe und Muna ihrem Ziel kommen, umso schmerzhafter macht die Regisseurin den Ernst ihrer Lage deutlich. In Rückblenden ist zu sehen, wie beide regelmäßig von Mitschülern angegriffen worden sind, nicht nur mit Worten. Auch daheim in ihren Familien haben sie Gewalt erlebt. Von der Aufnahme beim IS erhoffen sie sich Respekt und Liebe. “Dort wollen sie uns”, sind die beiden überzeugt.

Allerdings kommen auf der Reise auch immer wieder Zweifel auf, ob bei den extremistischen Kämpfern wirklich ein besseres Leben auf sie wartet. Die Spannung, ob die Mädchen auf ihrem fatalen Irrweg noch innehalten und umkehren können, steigert “Brides” auf eindringliche Weise bis zum Schluss.