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Bremen: Polizei versucht Kirchenasyl zu brechen

Der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus, hat den vergeblichen Versuch der Bremer Polizei kritisiert, ein Kirchenasyl in der Bremer Neustadt zu beenden. Er appellierte an Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), zum bisherigen Verfahren zurückzukehren. „Das Kirchenasyl ist und bleibt ein wichtiger, unverletzlicher Schutzraum in besonderen Härtefällen“, sagte Kuschnerus am Dienstag.

In der Nacht zum Dienstag hatten Polizeikräfte versucht, das Kirchenasyl im Zion-Gemeindezentrum aufzulösen, um einen 25-jährigen Somalier abzuschieben. Rund hundert Bürgerinnen und Bürgern hätten dies unter Glockengeläut friedlich verhindert, bestätigte der Gemeindepastor Thomas Lieberum dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zuerst hatte „buten un binnen Online“ von Radio Bremen über den Vorfall berichtet. Der Pastor sprach von einem „Tabubruch“.

Dass so viele Menschen durch ihren zivilen Widerstand das Asyl geschützt haben, sei „ein wichtiges Zeichen, dass es in Bremen keine Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal geflüchteter Menschen gibt“, sagte Kuschnerus: „Als Kirche können wir die Flüchtlingsthematik insgesamt nicht lösen und Kirchenasyl ist kein rechtsfreier Raum. Aber wir haben in Deutschland ein Asylrecht und wir wollen, dass das eingehalten wird.“

Jedes Kirchenasyl werde vorab sehr sorgfältig gepüft, erläuterte der Theologe. Die allermeisten Anfragen würden abgelehnt. „Wer in Gemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche nach dieser intensiven Einzelfallprüfung Kirchenasyl bekommt, hat aus unserer Sicht tatsächlich tragfähige Gründe.“

Der Somalier befindet sich dem Pastor zufolge seit September im Kirchenasyl und sollte nun nach Finnland abgeschoben werden, weil er dort über die russische Grenze in die EU eingereist sei. Am Sonnabend laufe seine Überstellungsfrist nach dem Dublin-Verfahren ab.

Einem Sprecher der Bremischen Evangelischen Kirche zufolge gibt es in der Hansestadt derzeit zwölf Kirchenasyle. Im gesamten Jahr 2024 seien es mehr als 100 gewesen: „Das war im Vergleich zu den Vorjahren ein riesiger Anstieg.“ Nach Einschätzung der Bundes-Vorstandsvorsitzenden von „Asyl in der Kirche“, Dietlind Jochims, ist das Kirchenasyl aufgrund der restriktiveren europäischen Asylpolitik bedroht. Die Bundesarbeitsgemeinschaft habe seit Sommer 2023 bereits acht Räumungen von Kirchenasylen durch die Polizei verzeichnet.

Der Bremer Flüchtlingsrat verurteilte den Polizeieinsatz und verwies auf den Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und Linken im Bundesland. Darin sei festgeschrieben, dass aus besonders sensiblen Orten, wie etwa Kirchen, keine Abschiebungen erfolgen sollen. Die Fraktionsvorsitzende der Bremer Grünen, Henrike Müller, sagte: „In diese Schutzorte mit Polizei eindringen zu wollen, ist politisch falsch und menschlich unanständig.“