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Bischof Krämer in Jordanien: Flüchtlingskrise verschärft sich

“Seit 2019 hat man in Jordanien aufgehört, Flüchtlinge zu registrieren”, sagt Rottenburgs Bischof. Staatliche Unterstützung gebe es für diese Menschen nicht, die Caritas sei oft die einzige Hilfe. Eine Bilanz der Reise.

In Jordanien verschärft sich nach Einschätzung des Rottenburger Bischofs Klaus Krämer die Flüchtlingskrise weiter. “Seit 2019 hat man in Jordanien damit aufgehört, Flüchtlinge zu registrieren. Das heißt: Diese Menschen bekommen keinerlei Unterstützung aus staatlichen Sozialsystemen, dürfen nicht arbeiten und haben keinen Zugang zur staatlichen Gesundheitsversorgung”, sagte Krämer in Amman der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Kinder von Flüchtlingen könnten nur unter sehr erschwerten Bedingungen am Schulunterricht teilnehmen.

“Da entsteht ein Teufelskreis der Armut”, betonte Krämer, der von Mittwoch bis Montag (1. September) Jordanien besuchte. Dies betreffe vor allem Flüchtlinge aus dem Irak und dem Sudan. “Sie leben weit unter der Armutsgrenze und sind dringend auf Hilfe von Nichtregierungsorganisationen angewiesen.”

Jordanien sei nach dem Libanon weltweit das Land mit der zweitgrößten Aufnahme von Flüchtlingen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. “Wir haben selber gesehen, dass das Land da am Ende seiner Möglichkeiten ist. Dass viele Flüchtlinge schon gar nicht mehr versorgt werden können, ignoriert werden von staatlichen Systemen und auf freie Träger wie die Caritas angewiesen sind.”

Durch den Gaza-Krieg und den Machtwechsel in Syrien sei die Region “ein Brennpunkt im Kontext von Flucht und Vertreibung”, sagte der Bischof des katholischen Bistums Rottenburg-Stuttgart und frühere Präsident der Hilfswerke “missio” und “Die Sternsinger”.

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor zehn Jahren – am 31. August 2015 – angesichts der damaligen Flüchtlingskrise in Deutschland ihren berühmt gewordenen Satz “Wir schaffen das!” gesagt. “Es wäre schön, wenn wir das geschafft hätten nach zehn Jahren!”, sagte Bischof Krämer dazu. “Aber die Welt ist so, dass das Problem andauert und wir deshalb das tun müssen, was uns möglich ist.”

Jedenfalls könne man “das Kapitel der Aufnahme von Flüchtlingen nicht einfach abschließen”, betonte Krämer. Die Flüchtlingssituation in anderen Regionen der Welt sei “um ein Vielfaches größer” als in Europa oder Deutschland.

Krämer führte das Telefoninterview mit der KNA in Stuttgart in einer Pilgerherberge an der – als Taufstelle Jesu verehrten – Stätte “Al-Maghtas” am Ostufer des Jordans. “Dem Geist eines solchen Ortes kann man sich nicht entziehen, das ist eine spirituell bewegende Erfahrung – für mich wie auch für viele Pilger”, sagte der 61-jährige Bischof. “Man spürt: Die Gemeinschaft der Christen hat eine einzigartige Grundlage in der biblischen Geschichte, die hier verdichtet erfahrbar wird.”