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Bischof Krämer fordert: “Nöte der Menschen wahrnehmen”

Achtsamkeit schärfen für die Zeichen der Zeit – das verlangt der neue Rottenburger Bischof von Christen. Gemeinsam gelte es, “zu erspüren, was der Weg der Kirche ist”, sagte er in seiner ersten Predigt in Stuttgart.

Der neue Rottenburger Bischof Klaus Krämer hat Christen dazu aufgerufen, aufmerksamer für die Nöte anderer Menschen zu werden. Glaubwürdiges Christsein sei nur möglich, “indem wir nahe bei den Menschen sind, mitten im Leben, ihre Nöte und Sorgen, ihre Anliegen und Sehnsüchte wahrnehmen”, sagte Krämer am Sonntag in seinem ersten Gottesdienst in Stuttgart als Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

“Hören wir auf die Zeichen der Zeit und schärfen wir so gemeinsam unsere Achtsamkeit und Sensibilität, damit wir spüren, wohin der Geist Gottes uns führen will”, forderte Krämer in der Domkirche Sankt Eberhard in seiner Predigt laut Manuskript. Krämer (60) war am 1. Dezember in Rottenburg zum Bischof geweiht und als Nachfolger von Gebhard Fürst ins Amt eingeführt worden.

Den künftigen Weg der Kirche zu bestimmen, sei Aufgabe “aller Getauften” mit ihren vielfältigen Begabungen, betonte Krämer und fügte hinzu: “Gemeinsam gilt es zu erspüren, was der Weg der Kirche ist.” Dabei gehe es “nicht einfach nur um Mehrheitsverhältnisse oder ob sich die eine oder die andere Fraktion durchsetzt”, sagte der neue Bischof. “Entscheidungsfindung ist in der Gemeinschaft der Kirche vor allem ein geistlicher Prozess.”

Es gehe darum, “genau hinzuhören, sich auszutauschen und alle miteinzubeziehen”. Synodalität sei “keine Konzession an den Zeitgeist, sondern ein Wesensmerkmal unserer Kirche”. Es sei deshalb notwendig, “dass wir Rücksicht aufeinander nehmen, dass wir aufmerksam sind für die Anliegen der anderen, dass wir behutsam und achtsam miteinander umgehen”. So entstehe eine Kultur des Dialogs, in der ein Konsens wachsen könne, der tragfähig sei. “In unserer Diözese haben wir seit über 50 Jahren Erfahrung mit Synodalität – mit unserem ‘Rottenburger Modell’, das Partizipation auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens praktiziert”, erläuterte Krämer.

Die Kirche befinde sich in einer “durchaus krisenhaften Gesamtsituation”. Für immer mehr Menschen verlören Kirche und Glaube an Relevanz für ihr Leben. “Hinzu kommt der Ansehensverlust, den wir zu beklagen haben und der viel zu tun hat mit den unsäglichen Missbrauchsfällen und dem oft unangemessenen administrativen Umgang damit”, sagte Krämer wie schon bei seiner Bischofsweihe. Die Mitgliederzahlen gingen zurück und mit ihnen die kirchlichen Finanzen. “Wir stehen mitten in einem umfassenden Transformationsprozess.”