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Bischöfe in Bayern erinnern an die Kraft des Heiligen Geists

Mit einer eindringlichen Botschaft im Gepäck war Jack Urame zum Bayerischen Kirchentag auf den fränkischen Hesselberg gekommen. Das selbstherrliche Verhalten und die Gier vieler Menschen sei der Grund für die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, sagte der leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Papua-Neuguinea am Pfingstmontag vor rund 8500 Zuhörern. Gott sei der Schöpfer der Welt, doch die Menschen benähmen sich „wie die Herren des Universums“. Der Kapitalismus betrachte die Welt „nicht als Gottes Schöpfung, sondern als marktfähige Ware“, kritisierte der promovierte Theologe.

Urame verwies auf sein Heimatland im Pazifik, wo das Leben „vom Prinzip der Beziehung geleitet“ sei. „Beziehung definiert unsere Identität, unsere Stärke und unsere Spiritualität“, sagte der Bischof, der mehrere Jahre in Bayern gearbeitet hat. Der Heilige Geist sei für die Christen in Papua-Neuguinea „keine abstrakte Idee, sondern Gottes Kraft, die die Welt erhält“. Auch die Menschen in den Industrieländern müssten den Wert der Beziehung zwischen Gott, den Mitmenschen und der Umwelt wieder ins Zentrum ihres Lebens stellen und sich besser um die Erde kümmern. „Die Welt ist unser Zuhause und unser Überleben“, mahnte der Theologe.

Bereits am Sonntag hatte Kardinal Reinhard Marx im Münchner Liebfrauendom die christliche Bedeutung von Freiheit betont, die sich „in der Liebe, nicht in Macht, der Herrschaft über andere oder Ausbeutung“ vollende. Wer den Freiheitsbegriff falsch verstehe, riskiere einen „Zivilisationsrückschritt“, sagte der Erzbischof von München und Freising. Auch krankhafter Egoismus und Individualismus liefen dem Freiheitbegriff entgegen: „Ihr habt den Geist empfangen, indem ihr ruft: Abba, Vater. Nicht: ich, ich, ich“, sagte Marx.

In der Münchner Matthäuskirche erinnerte der bayerische Landesbischof Christian Kopp an die Kraft des Heiligen Geistes. Gott habe den Menschen an Pfingsten „eine riesige Energie, einen neuen Geist der Verbundenheit und Zugehörigkeit“ und „eine tiefe Liebe, die Kraft entfaltet“, geschenkt, sagte er laut Predigtmanuskript. Pfingsten sei das Fest, „das den Unterschied macht“. Das sei wichtig im Leben: „Es ist nicht alles gleich, besonders ist nicht alles gleich schlecht“, so Kopp. Es gehe darum, zu differenzieren und herauszufinden, wie man dem Guten mehr Gewicht geben könne.

Auf der bayerischen Landesgartenschau in Furth im Wald verwies Klaus Stiegler, Regionalbischof für Schwaben-Altbayern, auf die gemeinschaftsstiftende Kraft von Pfingsten. „Das erste Pfingsten in Jerusalem ist eine unvorstellbare Zeitenwende“, sagte der Theologe laut Redemanuskript. Aus Verunsicherten seien Begeisterte geworden, Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache und Kultur hätten Kontakt zueinander gefunden. „Pfingsten ist das große Versprechen Gottes: Gemeinschaftliches Zusammenleben ist möglich“, so Stiegler.

Die Kraft des Tröstens stellte die Ansbacher Regionalbischöfin Gisela Bornowski ins Zentrum ihrer Predigt am Pfingstsonntag. „Vom Anfang bis zum Ende des Lebens brauchen Menschen Beistand und Trost“, sagte die Theologin laut Manuskript in der Ansbacher Innenstadtkirche St. Gumbertus. Mit der Kraft des Heiligen Geistes habe Jesus den Jüngerinnen und Jüngern „einen Tröster“ an die Seite gestellt. Diese „Heilige Geisteskraft“ ersehne sie auch für die Menschen heute: „Unserer zerrissenen Gesellschaft und unserer verwundeten Welt würde das gut tun“, sagte Bornowski.

Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl rief im Bamberger Dom zur Wiederentdeckung der Gottesfurcht auf – nicht im Sinne einer Angst, sondern als Haltung tiefster Ehrfurcht und Demut vor der Liebe und Größe Gottes. Gössl äußerte sich besorgt über eine zunehmende religiöse Gleichgültigkeit in der Gesellschaft. Dadurch seien die Menschen nicht freier, sondern oft orientierungsloser geworden. „Wer die Ehrfurcht vor Gott verliert, der fürchtet sich bald vor allem und jedem“, so der Erzbischof laut Pressemitteilung.

An Pfingsten erinnern die Kirchen weltweit an die in der Bibel geschilderte Herabsendung des Heiligen Geistes auf die Jünger Jesu. Das Fest gilt zugleich als Geburtstag der Kirche. (1896/09.06.2025)