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Bertelsmann Stiftung will Demokratie stärken

Angesichts zunehmender Bedrohungen für die Demokratie in Deutschland und Europa hat die Bertelsmann Stiftung ein verstärktes Engagement zur Stärkung der Demokratie angekündigt. „Wir sind alle gefordert, Tendenzen zur Spaltung unserer Gesellschaft entgegenzuwirken und die Werte unserer Demokratie herauszustellen und zu verteidigen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Ralph Heck, auf der Jahrespressekonferenz am Mittwoch in Gütersloh. Noch einer Studie der Stiftung ist auch der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland unter Druck geraten.

Die gegenwärtigen Krisen, von der Corona-Pandemie bis zum Krieg gegen die Ukraine mit seinen sozialen Folgen hätten eine Verunsicherung über die Zukunft und Risse im sozialen Zusammenhalt verursacht, sagte Heck. Trotz einer noch anhaltenden Stabilität müssten die Befunde ein Warnsignal sein. Unter dem Jahresthema „Demokratie stärken“ für 2024 und 2025 wolle sich die Stiftung noch fokussierter für den Erhalt der liberalen Demokratie in Deutschland einsetzen.

In einer Zeit, in der Europäer durch Krisen und Kriege sowie durch eine Untergrabung der demokratischen Kultur bedroht seien, sei eine wachsende Zustimmung zu radikalen, offen demokratiefeindlichen Parteien besorgniserregend, sagte Daniela Schwarzer vom Vorstand. Wenn diese Kräfte bei der Europawahl ein stärkeres Gewicht erhalten würden, könne es zu gravierenden Effekten im Bereich Rechtsstaatlichkeit, Migration, Klimapolitik und Nachhaltigkeit kommen. Neben der Abwehr von Bedrohungen seien eine Weiterentwicklung der Demokratie sowie mehr Beteiligungsmöglichkeiten nötig.

Als Gefährdung der Demokratie bezeichnete Vorstandsmitglied Brigitte Mohn gezielte Falschinformationen. Problematisch seien diese beispielsweise im Gesundheitsbereich. Mit dem Projekt „InofQ“ arbeite die Stiftung in Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einem internationalen Zertifizierungssystem für geprüfte Anbieter von Gesundheitsinformationen auf sozialen Plattformen.

Laut einer Studie der Stiftung geht der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland zurück. Der Indexwert mehrerer Faktoren von einer Skala zwischen 0 und 100 ist demnach im vergangenen Jahr gegenüber 2020 um 9 Punkte auf 52 gesunken. Für die Studie wurden die Themen soziale Beziehungen, Gemeinwohlorientierung und Verbundenheit mit dem Gemeinwesen untersucht. Im Auftrag der Stiftung befragte die Agentur „pollytix strategic research“ vom 4. bis 17. Oktober 2023 bundesweit 5.055 Menschen.

Im Jahr 2023 hat die Bertelsmann Stiftung nach eigenen Angaben 76 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke aufgewendet. Das sind fünf Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Für die Stiftung arbeiten rund 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten Gütersloh, Berlin und Brüssel. Hinzu kommen die verbundenen Organisationen in Washington und Barcelona. Seit ihrer Gründung im Jahr 1977 habe die Bertelsmann Stiftung rund 1,9 Milliarden Euro für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung gestellt.

Der Reinhard Mohn Preis, der im kommenden Jahr verliehen werden soll, ist dem Umgang mit Desinformation gewidmet. Er ist mit 100.000 Euro dotiert. Die Stiftung hält die Mehrheit des Aktienkapitals des Medienkonzerns Bertelsmann. Die von dem Unternehmer Reinhard Mohn ins Leben gerufene Stiftung arbeitet nach eigenen Angaben parteipolitisch neutral.