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Bericht: Massiver Judenhass – Internationale Gemeinschaft gefordert

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen – aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien.

Angriffe auf Menschen, Schulen und Synagogen: In den Staaten mit den sieben größten jüdischen Gemeinschaften außerhalb Israels sind die Zahlen zu Antisemitismus massiv gestiegen – 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Entwicklung sei beunruhigend, betonte die Initiative “J7”.

Die Initiative stellte am Mittwoch in Berlin ihren ersten Jahresbericht vor. Demnach gibt es einen dramatischen Anstieg sowohl in den absoluten Zahlen antisemitisch motivierter Vorfälle als auch bei den Vorfällen pro Kopf. Als Grund wird vor allem der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit seinen Folgen genannt.

In allen sieben Staaten zusammengenommen wurden laut Bericht im Jahr 2023 insgesamt 21.427 antisemitisch motivierte Vorfälle registriert. Im Jahr davor seien es 8.065 gewesen. Prozentual gesehen liegt der Anstieg den Angaben zufolge teilweise in dreistelliger Höhe, je nach Land. Die judenfeindlichen Vorfälle pro Kopf hätten ebenfalls ein “alarmierendes Niveau” erreicht: In Deutschland etwa seien es 2023 mehr als 38 auf 1.000 jüdische Einwohner gewesen, gefolgt von Großbritannien mit 13.

Hinzu kämen Entwicklungen, die in allen sieben Staaten zu beobachten seien: ein Anstieg von Gewalt, wiederholtes Zielen auf jüdische Einrichtungen und eine Eskalation von digitalem Hass. Außerdem wüchsen Unsicherheiten, die dazu führten, dass einige Jüdinnen und Juden ihre Identität versteckten, heißt es. Regierungen versagten zudem darin, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die in antisemitisch motivierte Gewalt verstrickt seien oder die Terrorismus gegen Israel unterstützten, heißt es.

“J7” hatte sich im Sommer 2023 gegründet und versteht sich als “Task Force” für den Kampf gegen Antisemitismus. Derzeit hat Deutschland den Vorsitz inne. Mitgliedsorganisationen sind der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Anti-Defamation-League (USA), das Board of Deputies of British Jews (Großbritannien), der Conseil Representatif des Institutions Juives de France (Frankreich), das Centre for Israel and Jewish Affairs (Kanada), die Delegacion de Asociaciones Israelitas Argentinas (Argentinien) sowie der Executive Council of Australian Jewry (Australien).

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte im Vorfeld, er sehe eine “Front”, die von Islamisten bis hinein in die Mitte der Gesellschaft reiche. “Diese Koalition stellt die Selbstverständlichkeit sowohl heutigen jüdischen Lebens als auch Deutschlands Erinnerungskultur infrage.”

Marina Rosenberg von der Anti-Defamation League forderte bei der Vorstellung des Berichts vor Journalisten mehr Engagement von der internationalen Gemeinschaft und den Vereinten Nationen, Jüdinnen und Juden zu schützen, gerade auch in Ländern mit kleinen Gemeinschaften. Jüdinnen und Juden müssten sicher und in Würde leben. Denn die Probleme gebe es nicht nur in den Staaten, die sich “J7” angeschlossen hätten. Sie sprach von einem “Tsunami” an Judenhass.

Um gegen Antisemitismus vorzugehen, sei Bildung wichtig, die auch heutiges jüdisches Leben einschließe, sagte Rosenberg. Online-Hass müsse darüber hinaus konsequent bekämpft werden.

Alex Ryvchin, Co-Geschäftsführer des Exekutivrats des australischen Judentums, erklärte anlässlich der Vorstellung des Berichts: Die australische Erfahrung habe gezeigt, dass wenn Antisemitismus nicht mit ausreichender Kraft an Polizeiarbeit, Gesetz und politischer Führung zusammentreffe, er in zerstörerische Gewalt ausarten könne. Außerdem könne er dann die “bösartigsten Elemente” einer Gesellschaft anziehen – was von religiösen und ideologischen Fanatikern bis hin zu organisierter Kriminalität reichen könne.