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Baum fordert stärkere Verteidigung der Demokratie

Mit einer Feierstunde hat der Bundestag seinen 75. Geburtstag gefeiert. Die Deutschen müssen heute beweisen, “dass sie die Demokratie auch tatkräftig verteidigen”, sagte Gastredner Gerhart Baum.

Gerhart Baum hält Rede bei Feierstunde zum 75. Jahrestag des Deutschen Bundestages
Gerhart Baum hält Rede bei Feierstunde zum 75. Jahrestag des Deutschen BundestagesImago / dts Nachrichtenagentur

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat zum 75-jährigen Bestehen des Deutschen Bundestags zu einer stärkeren Verteidigung der Demokratie aufgerufen. Er sehe die Bedrohung der liberalen Demokratie, den Druck autoritärer Kräfte weltweit, sagte Baum in einer Feierstunde anlässlich des Jubiläums im Parlament. Er habe seine solche Situation in seinem Leben noch nicht erlebt, sagte der 91-Jährige in Berlin.

Der Kalte Krieg sei auch eine starke Bedrohung gewesen, aber „was wir heute an Brandherden und möglichen Brandherden erleben, hält damit nicht stand“, sagte der Freidemokrat und verwies unter anderem auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Das sei nicht nur eine regionale Auseinandersetzung, sondern der Streit autoritärer gegen die freien Kräfte um eine Weltordnung, „die sich nicht mehr am Prinzip der Menschenwürde orientiert“, sagte er.

Früherer Bundesinnenminister Baum: Es gibt kein Zurück

Nach der Vereinigung Deutschlands habe es Skepsis aus dem Ausland gegeben, ob die Deutschen Demokratie können, sagte Baum. „Sie können es. Und jetzt müssen sie beweisen, dass sie die Demokratie auch tatkräftig verteidigen“, ergänzte er und nahm Bezug auf die Konsequenzen, die das demokratische Deutschland aus der nationalsozialistischen Diktatur gezogen hat. Es gebe kein Zurück mehr. „Es muss Schluss sein mit dem Wahn einer ethnisch reinen Nation“, sagte Baum, der für seine Rede stehenden Applaus erhielt. Der Bundestag hatte sich am 7. September 1949 in Bonn konstituiert. 1999 zog das Parlament des inzwischen vereinten Deutschlands nach Berlin.

Die Historikerin Christina Morina warnte anlässlich des Bundestagsjubiläums vor populistischen und völkisch-nationalen Kräften, die im Kern ein Anti-Parlamentarismus verbinde. Populisten und Nationalisten träten nicht an, um Parlamente zu stärken, sondern zu schwächen, sagte die aus Frankfurt an der Oder stammende Professorin an der Universität Bielefeld. Sie äußerte sich besorgt über den Ansehensverlust der etablierten Parteien. Die Stärke der Demokratie stehe und falle mit der Stärke, dem Ansehen und dem Ansinnen der Parteien, sagte sie in ihrer Festrede.

Politik muss Zweiflern der Demokratie entgegentreten

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sagte in ihrer Eröffnungsrede, eine große Mehrheit aller Deutschen halte die Demokratie für die beste Staatsform. Allerdings seien viele Menschen unzufrieden damit, wie Demokratie funktioniere. „Wir als Politik sind gefordert, den Zweifeln an der Demokratie zu begegnen“, sagte Bas. Das tue man, indem man die konkreten Alltagsprobleme der Menschen angehe, „ohne Erwartungen zu wecken, die wir nicht erfüllen können, ohne schnelle Scheinlösungen, ohne den Irrglauben, dass wir unsere Maßnahmen nur einfach besser erklären müssen“, sagte die Parlamentspräsidentin.