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Aus für Berliner Journalistenschule

Die Evangelische Journalistenschule (EJS) muss wegen Sparzwängen schließen. Gegründet 1995 in der Tradition der Christlichen Presse-Akademie (cpa) zielte diese Ausbildung für Journalisten und Journalistinnen auf Verantwortung, ­Zivilcourage und innere Unabhängigkeit. Dieses Leitbild war der Dreh- und Angelpunkt der Ausbildung an der EJS. ­Warum die Schließung eine vertane Chance für die kirchliche Publizistik ist, kommentiert eine Absolventin

Von Karola Kallweit

Die Evangelische Journalistenschule (EJS) in Berlin schließt. Der Zeitpunkt hätte schlechter nicht ­gewählt sein können: Pandemie, Krieg, Klimakrise, weltweite Geflüchtetenströme und zerrissene Gesellschaften allerorts. Gleich­zeitig der dringende Bedarf nach kompetenter, ausgewogener und präziser journalistischer Einordnung. Nach Journalisten, die neben fachlicher Kompetenz auch ein ethisches Gerüst mitbringen. Diese auszubilden, war der Auftrag der EJS seit 27 Jahren. Ich bin Absolventin der EJS. Ich war 29 Jahre und im Kulturbetrieb tätig, als ich die Anzeige für das ­Volontariat im 8. Jahrgang im evangelischen Monatsmagazin der EKD „chrismon“ entdeckte. Für andere Journalistenschulen war ich schon zu alt. Nicht so für die EJS. Das war ihre Stärke. Sie hat nicht stur auf Lebensläufe geblickt. Die nicht ganz so geraden, diversen Biografien hatten es ihr angetan. Vielstimmige Erfahrungshintergründe ergaben am Ende eines jeden Auswahlverfahrens ein Ganzes. Evangelisch zu sein war nie eine ­zwingende Voraussetzung. Die Schulverantwortlichen wussten, dass es nicht das „E“ braucht, um Themen zu setzen, die innerkirchlich und außerhalb der Gemeinschaft ­relevant sind.

Mit einer Alternative hätte man in die Zukunft investiert

Anfang 2020 wurde aus einem ­Gerücht eine Tatsache: Die EJS sollte schließen, der 13. Jahrgang der letzte sein. Eine Weiterfinanzierung durch das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt am Main könne nicht mehr gesichert werden, hieß es. Sparzwang hier, wie überall in der Kirche. Das GEP bekommt zwar jährlich circa 12,1 Millionen Euro von der EKD, muss aber bis 2024 1,9 Millionen einsparen. 

Unmittelbar nach der Ankündigung gründete sich die Initiative #EJS­retten aus Alumni und Förderern der Schule. Namhafte Journalisten ­unterstützten die Bemühungen. Die Initiative nutzte die EKD-Synode 2020, um 12 Thesen für einen „Journalismus aus gutem Grund“ vorzustellen. Sie erarbeitete mit Digital­experten „EJS 4.0“, ein neues Ausbildungskonzept, das die Schule in eine digitale Zukunft führen sollte, formal wie inhaltlich. Ein neuer Jahrgang hätte sich beispielsweise mit dem brandaktuellen Thema Menschenrechte und Datensicherheit befassen können. Fort- und Weiterbildungen für Externe waren ebenso Teil des Konzepts. Damit hätte man auch Geld verdient. Für diese Ideen – das ist klar – hätte das GEP investieren müssen. Aber es wäre eine Investition in die Zukunft gewesen.

Das Stiefkind losgeworden?

400.000 Euro im Jahr kostete die Schule das GEP – zu viel in Zeiten von Printkrise und Mehrkosten auf allen Ebenen. In Frankfurt am Main, wo die Redaktionen des Monatsmagazins Chrismon, des Online-Portals evangelisch.de und der Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd) sitzen, suchte man nach anderen, kostengünstigeren Wegen für die Zukunft. Die EJS – das wissen wir seit der Aufsichtsratssitzung am 16. März – ist nicht mehr Teil dieser Zukunft. Leichtfertig wurde diese Entscheidung sicher nicht getroffen, aber es bleibt eine vertane Chance für die kirchliche Publizistik, ihre Ideen in die Welt hinauszutragen.

Diejenigen, die für den Erhalt der Schule gekämpft haben, hatten es ­bereits geahnt. Und doch bleibt ein fader Beigeschmack. Es wirkt, als wäre das GEP sein nicht ganz so innig geliebtes Stiefkind losgeworden. Denn auch wenn in unserer ­digital organisierten Kommunikation Entfernungen eigentlich keine Rolle mehr spielen, war Berlin geografisch vielleicht doch zu weit von Frankfurt weg. Der „Küchenzuruf“* wurde nicht gehört. 

Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, hat noch 2019 die Bedeutung von Qualitätsjournalismus in Zeiten von digitalen Medien und ­Algorithmen hervorgehoben. Nur sah er hier offenbar keinen origi­nären Auftrag für die Kirche. Und während die EJS abgewickelt wird, bekommt die Garnisonkirche in Potsdam die Zusage für 490000 Euro. Ich weiß, das ist ein anderer Topf. ­Allein, wissen das jene, die sich eher selten mit binnenkirchlichen Themen ­befassen und die wir als Kirche ­erreichen möchten, das auch?

Das Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses e.V. (ifp) in München, das katholische Pendant zur EJS, sucht übrigens ­aktuell einen neuen journalistischen Direktor. Dort hat man die Zeichen der Zeit verstanden.

*Der Küchenzuruf fasst die Kernbotschaft eines Artikels in nicht mehr als zwei Sätzen zusammen.

Karola Kallweit ist ­Absolventin der ­Evangelischen ­Journalistenschule in Berlin und Redakteurin von „die Kirche“.