Leipzig (epd). Der Autor und Theologe Stefan Seidel sieht in der Reduzierung kirchlicher Aufgaben eine Chance. Dass Kirchen heute nur noch für das spirituelle und geistliche Leben zuständig seien und andere Aufgaben wie Bildung oder Gesundheitsversorgung weitgehend abgegeben hätten, müsse nicht als Bedeutungsverlust gewertet werden, erklärte Seidel am Donnerstag in Leipzig im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kirchen könnten sich so «wirklich um die innere Verbundenheit mit dem göttlichen Geheimnis kümmern».
In seinem Gesprächsbuch «Grenzgänge», das in diesen Tagen erscheint, hat Seidel 19 Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft zu ihrer Gottessuche befragt. Seidel ist leitender Redakteur bei der evangelischen Wochenzeitung «Der Sonntag» in Leipzig.
In seinem Buch habe er keine Kirchenvertreter zu Wort kommen lassen, sondern Stimmen, «die auf persönliche, freie und unorthodoxe Weise über Glaube, Hoffnung und Liebe sprechen». «Ich denke, die Suche nach Gott und die Erfahrungen auf diesem Gebiet haben erst einmal nicht automatisch etwas mit der Kirche zu tun», sagte Seidel mit Blick auf einen von ihm beobachteten Relevanzverlust von Glauben
und Religion im Leben vieler Menschen.
Die Kirche habe ein Sprachproblem: «Ihre Sprechweise vom Göttlichen erreicht nicht mehr viele Menschen, viele erkennen darin keine Relevanz mehr für ihr Leben. Da hat sich vieles entkoppelt», so der Autor.