Nie wieder Krieg: Gegen den internationalen Soldatengottesdienst im Kölner Dom gab es erneut eine Friedensdemo. Ein Soldat und ein Aktivist schilderten vor Ort ihre Sicht auf die Veranstaltung.
“Am liebsten wäre es mir, wenn mein Job in aller Welt überflüssig wäre”, sagt ein Hauptfeldwebel im Schatten des Kölner Doms. Gerade ist am Donnerstagmorgen der internationale Soldatengottesdienst in der Kathedrale zu Ende gegangen – eine jährliche Veranstaltung zum katholischen Weltfriedenstag im Januar. Dem Soldaten gegenüber steht eine Gruppe von Demonstranten. Auf ihren Schildern liest man: “Friedensfähig statt kriegstüchtig” oder “Der Tod dankt für die reiche Ernte”. Für sie widerspricht die Veranstaltung der kirchlichen Friedensbotschaft.
Dabei wünschen sich nach Aussage des Feldwebels der Bundeswehr auch Soldaten den Frieden: “Ich würde liebend gerne nicht dienen in einer Welt, in der es kein Militär und keinen Schutz braucht. Aber leider ist das nicht möglich.” Deswegen sei er persönlich trotzdem bei der Bundeswehr – aus voller Überzeugung.
Die Demonstranten zeichnen hingegen ein anderes Bild der deutschen Armee. “Soldaten ziehen nun mal in den Krieg. Sie sind nun mal aktiv”, sagt Michael Sünner vom Bündnis Kölner Friedensforum. Er glaubt, die Kirche schüre mit der öffentlichen Unterstützung der Armee eine aktuelle Militarisierung in der Gesellschaft. “Es ist traurig, dass wir jedes Jahr hier demonstrieren müssen, weil die Kirche es nicht lassen kann, die Soldaten zu segnen.”
Hunderte Uniformierte füllten die Bänke im Kölner Dom, teils als Gäste, teils als weihrauchschwenkende Messdiener oder Musiker. Neben Vertretern der Bundeswehr feierten auch internationale Soldaten mit, etwa aus Belgien und den USA. In seiner Predigt warb der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki für Gewaltlosigkeit. Das Hauptgebot der Nächstenliebe gelte sogar dem Feind. “In den Augen der Welt werden wir vielleicht angesichts dessen für Narren oder Träumer gehalten, wenn wir versuchen, seinen Weg heute in ähnlicher Weise nachzugehen”, sagte der Erzbischof.
Für die Aktivisten, manche als Kardinäle oder Skelett-Soldaten verkleidet, setzt der Gottesdienst ein falsches Zeichen. Sie wünschen sich nicht nur eine Kirche, sondern auch einen Staat ohne Militär – gerade in Zeiten des Ukrainekrieges. Eine stehende Armee erschwere schließlich diplomatische Verhandlungen. “Und das ist keine Fantasie. Das ist eine Realpolitik, die es etwa unter Willy Brandt gegeben hat, mit Entspannung und Abrüstung.”
Der 1977 ins Leben gerufene Gottesdienst ist für Sünner ein Widerspruch. In der Weihnachtsmesse habe der Kölner Erzbischof noch gesagt, dass von der Krippe Frieden ausgehe. “Jetzt ist die Krippe abgebaut und es werden Soldaten in Uniform eingeladen, um den Segen für den Krieg zu bekommen.” Der Aktivist würde sich statt einer “Verherrlichung” des Militärs in der Kirche mehr zivile Friedensgottesdienste wünschen.
Dem Hauptfeldwebel in Uniform wiederum bedeutet die Religion gerade als Soldat viel: “Ich bin selbst römisch-katholisch. Für mich ist der Glaube der einzige Weg, übernatürlichen Frieden zu finden.” Das gelte besonders bei dem Gedanken an den Tod in einem möglichen Konflikt: “Die Zeiten sind vorbei, in denen wir nur Sandsäcke schleppen. Wir haben einen Krieg vor der Tür. Dann den Glauben zu haben, ist wichtig.”