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“Alarmstufe Rot”: Klinik-Beschäftigte demonstrieren gegen Insolvenzen

Rund 3.000 Beschäftigte aus Krankenhäusern in Niedersachsen und Bremen haben nach Polizeiangaben am Mittwoch in Hannover für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kliniken und gegen eine aus ihrer Sicht drohende Pleitewelle demonstriert. Dabei stellte sich Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) an die Seite der Demonstranten. „Wir können nicht warten, das Wasser steht uns allen bis zum Hals“, sagte er unter großem Applaus. Die Bundesregierung müsse den Kliniken mehr Geld zur Verfügung stellen, um ein Krankenhaussterben abzuwenden.

Bis die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform greife, werde noch viel Zeit vergehen, sagte Philippi. Bis dahin setzten steigende Energiekosten, Tarifsteigerungen und die anhaltend hohe Inflation die Kliniken unter Druck: „Bund und Krankenkassen sind in der Pflicht, hier gegenzusteuern.“ Mit einem Vorschaltgesetz müsse der Bund die Lücken ausgleichen und die Liquidität gefährdeter Krankenhäuser kurzfristig sicherstellen, damit diese die Reform überhaupt noch erlebten. Die Kundgebung war Teil eines bundesweiten Protesttags der Kliniken.

Zu der Demonstration unter dem Titel „Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Not!“ hatten die Krankenhausgesellschaften aus beiden Bundesländern aufgerufen. Mit Trillerpfeifen und Sprechchören unterstrichen die Teilnehmenden ihre Forderungen. Viele waren in medizinischer Dienstkleidung erschienen. Auf Transparenten und Plakaten waren Slogans zu lesen wie „Im Krankenhaus ist Geiz nicht geil“ oder „Personalmangel tötet“.

„Das System ist krank“, sagte der Vorsitzende der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, Hans-Heinrich Aldag. 93 Prozent der niedersächsischen Krankenhäuser meldeten gravierende Betriebsdefizite. Hohe Tariflöhne und Sachkosten sowie eine überbordende Bürokratie mischten sich zu einem „Giftcocktail“. Der Bundesregierung warf er „unterlassene Hilfeleistung“ vor: „Wenn politisch jetzt nicht entschieden gehandelt wird, droht ein eiskalter Strukturwandel.“

Die Diakonie in Niedersachsen forderte am Rande der Demonstration eine schnelle Lösung, um die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung weiterhin zu gewährleisten. „Es muss mit aller Kraft verhindert werden, dass Krankenhäuser unkontrolliert schließen und Lücken in das Versorgungsnetz reißen“, sagte Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke.

Parallel zu der Protestkundgebung gab das Gesundheitsministerium in Hannover hohe Fördersummen für zwei geplante Klinikneubauten bekannt. Das Klinikum Großburgwedel bei Hannover soll 220 Millionen Euro erhalten, das Krankenhaus in Peine 217 Millionen Euro. Minister Philippi kündigte an, das Land wolle ein Sondervermögen von insgesamt drei Milliarden Euro einrichten, um Investitionen in die Kliniken zu ermöglichen.