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Ärzte wollen Abtreibung aus Strafrecht herausnehmen – Grüner Appell

Die Ärzte in Deutschland sprechen sich für veränderte Vorgaben beim Thema Abtreibung aus. Zugleich will der Ärztetag ungeborene Kinder weiter schützen. Die Grünen nutzen das für einen Appell an die Bundesregierung.

Der Deutsche Ärztetag hat sich für eine Reform der Abtreibungsregelung ausgesprochen. Der Schwangerschaftsabbruch sollte außerhalb des Strafrechts geregelt werden, forderte das Ärzteparlament am Freitag in Leipzig. Zugleich sollte die Beratungspflicht beibehalten werden. Gerade in ihr liege die Chance, auch das werdende Leben zu schützen. Zudem ermögliche ein gutes Beratungs- und Versorgungsangebot, dass die Situation der ungewollt Schwangeren nicht vom Termindruck bestimmt werde.

“Wenn eine Handlung im Strafrecht verortet ist, erzielt das allein eine Wirkung: Sie wird als rechtswidrig, unmoralisch und gesellschaftlich nicht akzeptiert wahrgenommen”, heißt es in dem Antrag, dem 211 von 236 Delegierten zustimmten. Und: “Die Entkriminalisierung beseitigt Stigmata und entlastet Schwangere und Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Sie kann so zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von Schwangeren führen.”

Der Ärztetag forderte zugleich, dass die betroffenen Frauen eine Wahl zwischen unterschiedlichen Methoden haben sollten. Deshalb müssten Angebote sowohl zum operativen als auch zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch in allen Regionen Deutschlands in erreichbarer Entfernung zur Verfügung stehen.

Das Ärzteparlament betonte, dass es weiterhin eine persönliche Gewissensentscheidung bleiben müsse, ob Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Wer sich dazu entschließe, müsse wirksam vor Drangsalierung, Bedrohung und Angriffen geschützt werden. Es dürfe aber auch kein Arzt und keine Ärztin zur Durchführung dieses Eingriffs verpflichtet werden – ausgenommen dann, wenn die Schwangerschaft das Leben der werdenden Mutter gefährde.

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband begrüßte die Entscheidung des Ärztetags. Sie sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Versorgung und mehr Rechtssicherheit bei der Behandlung. “Der Status quo ist längst nicht mehr tragbar, weder für die betroffenen Frauen noch für uns Ärztinnen und Ärzte”, so die beiden Verbandsvorsitzenden Nicola Buhlinger-Göpfarth und Markus Beier. “Durch die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen entsteht eine rechtliche Grauzone, die die medizinische Versorgung unnötig erschwert, die Betroffenen schwer belastet und zu einer verzögerten Behandlung führen kann.” Die Politik müsse dringend handeln.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, sprach von einem “Meilenstein” und einem “außerordentlich wichtigen Signal” in der Debatte um Paragraf 218. “Es muss eine politische Lösung für eine Regelung des Schwangerschaftsabbruches außerhalb des Strafgesetzbuches geben”, sagte Schauws. Die schwarz-rote Bundesregierung müsse zügig ein Gesetz vorlegen.

Derzeit sind in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt.

Zahlreiche Abgeordnete verschiedener Parteien, darunter Schauws, hatten kurz vor der Auflösung des Bundestags versucht, einen Gesetzentwurf durchzubringen, der Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herausnehmen wollte. Abbrüche bis zur zwölften Woche sollten stattdessen “rechtmäßig und straffrei” sein und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Es kam aber nicht mehr zu einer Abstimmung.

Unter anderen die katholischen Bischöfe warnen davor, die geltende Regelung aufs Neue zur Debatte zu stellen. Sie pochen auf den Schutz des ungeborenen Lebens und halten aktuell keine Kriminalisierung für gegeben, da es bei Einhaltung der Vorgaben zu keiner Strafverfolgung komme.