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600.000 Menschen bei Papstmesse in Osttimor

Bei einem Gottesdienst in Osttimor lobt Papst Franziskus den Kinderreichtum des Landes. Fast die Hälfte der meist katholischen Bevölkerung nimmt an der Mega-Messe teil. Bischöfe und Priester warnt der Papst vor Arroganz.

Eine Messe der Superlative, ein spontaner Krokodilvergleich und mahnende Worte an Kirchenleute: Papst Franziskus hat seinen zweiten Besuchstag in Osttimor genutzt, um in dem kleinen Land im Südostpazifik als Kirchenoberhaupt der klaren Worte in Erinnerung zu bleiben. Bei dem Gottesdienst in einem Park nahe der Hauptstadt Dili machte er den 600.000 Gläubigen – fast die Hälfte der timoresischen Bevölkerung – zunächst ein Kompliment: “Ihr seid ein junges Land, in dem man in jeder Ecke das Leben pulsieren und aufblühen sieht”, lobte der Papst in seiner Predigt am Dienstagnachmittag (Ortszeit) den Kinderreichtum der Einwohner.

Kinder seien ein Geschenk, denn die Jugend erneuere beständig die Energie und den Enthusiasmus der Menschen in Osttimor. “Wenn wir den Kleinen Raum geben, sie aufnehmen, uns um sie kümmern und auch uns selbst vor Gott und voreinander klein machen, sind das genau die Haltungen, die uns für das Wirken des Herrn öffnen”, sagte Franziskus in der Esplanade von Taci Tolu. Mehr als 97 Prozent der Osttimoresen sind katholisch. Fast die Hälfte der rund 1,4 Millionen Bürger ist jünger als 15 Jahre.

Ein neugeborenes Kind erfülle selbst das härteste Herz mit Wärme und Zärtlichkeit, gebe Mut, Hoffnung und den Glauben an die Möglichkeit eines besseren Lebens, so der Papst. In Christus sei Gott selbst Mensch geworden, “ein Kind, um uns nahe zu sein und um uns zu retten”. Diese Liebe Gottes solle zum Vorbild werden, “damit sie unsere Wunden heilen, uns bei Uneinigkeit wieder vereinen und unser Leben wieder in Ordnung bringen kann”. Die auf Spanisch gehaltene Predigt des Papstes wurde von einem Sprecher in der Landessprache Tetum vorgetragen.

In einer frei improvisierten, mehrfach von Jubel unterbrochenen Rede nach dem Gottesdienst verglich er dann die Bedrohung einheimischer Traditionen durch Kulturimperialismus aus anderen Ländern mit der Gefahr durch menschenfressende Krokodile. “Nehmt euch vor den Krokodilen in Acht, die eure Kultur und Geschichte verändern wollen. Bleibt euch selbst treu. Nähert euch ihnen nicht, sie beißen sehr!”, so Franziskus. Zuvor hatte er berichtet, dass er von den Krokodilangriffen auf Menschen an den Stränden Osttimors gehört habe. Diese haben laut Medienberichten rapide zugenommen, nachdem Leistenkrokodile aus dem benachbarten Australien übers Meer nach Osttimor gekommen sind und sich dort vermehrt haben.

Am Morgen hatte das Kirchenoberhaupt katholische Bischöfe und Priester, Ordensleute und Katecheten bei einem Treffen in der Kathedrale von Dili ermahnt, sich nicht wie Chefs aufzuführen. In dem zu 97 Prozent von Katholiken bewohnten Land appellierte er: “Der Priester ist ein Segenswerkzeug. Er darf seine Rolle niemals ausnutzen, er muss immer segnen, trösten, ein Diener des Mitgefühls und ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes sein.” Die Geistlichen warnte er vor den Versuchungen von Arroganz und Macht und rief dazu auf, das Amt nicht als soziales Prestige, sondern als Dienst zu betrachten.

Aufgaben der Geistlichen seien, das Evangelium zu verkünden, den Armen zu dienen und sich für Gerechtigkeit und gegen Korruption einzusetzen. Korruption könne auch in katholische Gemeinschaften und Kirchengemeinden eindringen.

Menschen in Kirchenämtern haben in Osttimor eine besonders respektierte Stellung in der Gesellschaft. Die katholische Kirche unterstützte Ende des 20. Jahrhunderts den Unabhängigkeitskampf des Landes gegen Indonesien und ist Teil der nationalen Identität.

Am Mittwoch (Ortszeit) wollte Papst Franziskus in den Stadtstaat Singapur weiterfliegen, die letzte Station seiner zwölftägigen Reise in den Asien-Pazifik-Raum.