Liebe Leserinnen und Leser,
zum letzten Mal schreibe ich Ihnen in der Kirchenzeitung als Militärpfarrer der Marineunteroffizierschule in Plön. Denn am 31. Oktober geht meine zwölfjährige Dienstzeit in der Militärseelsorge zu Ende. Eine längere Dienstzeit sieht der Militärseelsorgevertrag nicht vor. Und so werde ich ab dem 1. November wieder in den Dienst meiner reformierten Landeskirche zurückkehren. Wo genau mein neuer Arbeitsplatz sein wird, weiß ich heute noch nicht.
Zwei Verteidigungsminister und drei Verteidigungsministerinnen waren in den vergangenen zwölf Jahren im Amt sowie drei Bundespräsidenten. Vier Kommandeure habe ich in Plön kommen und drei auch wieder gehen sehen. Tausende Soldatinnen und Soldaten habe ich unterrichten dürfen. Und die vielen Gespräche und Beratungen, von denen auch ich immer wieder profitieren durfte, sind nicht zu zählen. Und so wie es in den vergangenen zwölf Jahren in der großen Welt viele Veränderungen gegeben hat, so auch in meiner eigenen Welt. Und in der Ihrigen sicherlich auch.
Große Bereicherung
Ich habe all die Jahre als Militärpfarrer als eine sehr große Bereicherung erfahren. Die Begegnungen mit unseren Soldatinnen und Soldaten im Unterricht waren für mich von großartigem Gewinn, und meine insgesamt 13 Auslandseinsätze haben mich auf jeden Fall stark geprägt. Die mit diesen Einsätzen immer auch verbundenen Trennungen von der Familie waren ganz gewiss nicht immer einfach, weder für mich noch für die meinen. Und doch habe ich insbesondere die Zeiten im Einsatz sehr genossen und es als äußerst wertvoll erfahren, dass ich als Militärpfarrer bei all den Tätigkeiten der Soldatinnen und Soldaten so mittenmang dabei sein konnte. Dabei habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass zwar die Bindungen zur Kirche mehr und mehr nachlassen mögen, nicht aber das Bedürfnis nach Seelsorge, Beratung und Begleitung von uns Menschen.
Sofern Gott will, darf ich noch ziemlich genau 12 Jahre als Pfarrer im Weinberg des Herrn arbeiten und dienen. Das Evangelium von Jesus Christus verkünden, Menschen auf ihrem Weg durch das Leben begleiten und an den kleinen oder größeren Wendepunkten ihres Lebens bei ihnen sein zu dürfen, das ist eine Aussicht, die mich sehr glücklich macht und die mir hilft, den Abschied von der Militärseelsorge etwas leichter zu nehmen.
Wohlbehalten und gesund
Unsere Soldatinnen und Soldaten stehen in diesen Zeiten möglicherweise vor großen Aufgaben und Herausforderungen. Vielleicht warten hier und dort auch heute noch gar nicht abzusehende Härten auf sie. Gebe Gott, dass sie alle in ihrem Dienst wohlbehalten und gesund bleiben. Das aber wünsche ich nicht nur unseren Soldatinnen und Soldaten, sondern uns allen.
Doch wenn ich mich heute als Militärpfarrer von Ihnen als Leser verabschiede, dann möchte ich das nicht nur mit guten Wünschen tun. Denn wir leben schließlich nicht von Wünschen. So wie auch die Beurteilung einer zurückliegenden Zeit nicht davon abhängig ist, wie Rückblick und Ausblick ausfallen. Denn auch von Rückblick und Ausblick leben wir nicht. Sondern wir leben von der Wahrheit. Und zur Wahrheit gehört für mich, dass wir in allen Zeiten, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft, nicht allein auf uns gestellt sind, sondern einen Herrn haben, der es nicht nur gut mit uns meint, sondern der es auch gut mit uns macht. Und wenn wir das auch aus der Welt und aus unserem Leben nicht zwingend ableiten können, dass wir begleiteter sind, mehr als wir das wissen, und dass wir geführter sind, mehr als wir das ahnen, und dass wir auch umsorgter sind, mehr noch als wir das glauben können, so können wir dennoch stark und in allen Lebenslagen genau daran festhalten.
Bleiben Sie alle Gott befohlen,
Herzlichst, Ihr Gerrit Schulte-Degenhardt