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Zeitung: Kinder- und Jugendpsychiatrien in Bayern sind überfüllt

Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte junger Menschen. Doch die bayerischen Kliniken sind überfüllt. Eine Ärztin macht eine Regelung des Freistaats dafür mitverantwortlich.

Bayerische Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie haben offenbar nicht genug Kapazitäten, um den steigenden Bedarf abzudecken. Das geht aus einem Bericht der “Augsburger Allgemeinen” (Wochenende) hervor. “Die Häuser sind seit Langem überfüllt. Wir erleben es immer wieder, dass eine Klinik nach der anderen abtelefoniert werden muss, um ein krankes Kind überhaupt unterzubringen”, sagte Kinderärztin Dilek Önaldi-Gildein, Pressesprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Bayern, der Zeitung. Dies sei “oft eine Odyssee”, fügte sie hinzu.

Das Statistische Bundesamt hatte Anfang März berichtet, dass psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen bei Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren die häufigste Ursache für stationäre Krankenhausbehandlungen seien. 2023 seien bundesweit rund 33.300 von ihnen wegen Depressionen behandelt worden. Auch in Bayern gebe es immer mehr Kinder und Jugendliche, die aufgrund psychischer Erkrankungen stationär behandelt werden müssten, sagte Önaldi-Gildein: “Es ist eine erschreckende Entwicklung.”

Die Gründe lägen einerseits in der Pubertät und in damit verbundenen hormonellen Umstellungen und starken Stimmungsschwankungen. Aber auch Soziale Medien erhöhten den Druck, weil sie vorgaukelten, dass andere in einer idealen Welt lebten. “Auch mit dem Leistungsdruck in der Schule kommen viele Kinder und Jugendliche nicht zurecht”, führte die Kinderärztin aus. Das liege auch an den in Bayern etablierten unangekündigten Tests: “Das stresst viele extrem und führt zu einem negativen Leistungsdruck.”

Der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie an der Augsburger Klinik Josefinum, Tomasz Antoni Jarczok, forderte eine Abkehr vom bisherigen System: “Es braucht ein flexibleres Versorgungssystem, das sich stärker am individuellen Bedarf der jungen Patientinnen und Patienten orientiert”, so der Mediziner. Zudem müsse mehr dafür getan werden, dass Studierende sich entscheiden, Kinderpsychiater zu werden. “Erkrankte Kinder und Jugendliche drohen ein Leben lang zu leiden, wenn sie nicht rechtzeitig gut versorgt werden. Sie sind doch die Zukunft unserer Gesellschaft”, so Jarczok.

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) verwies auf einen deutlichen Ausbau der Kapazitäten in den vergangenen Jahren. Es brauche aber Verbesserungen bei den Wartezeiten auf Behandlungs- und Therapieplätze bei Psychotherapeuten, so die Ministerin. Dafür habe man sich bereits mehrfach an die zuständige Bundesebene gewandt.