Rassistische Beleidigungen und körperliche Angriffe: Muslime erfahren hierzulande immer wieder Hass. Ein Experte wirft der Politik vor, zu wenig dagegen zu unternehmen. Dies birgt aus seiner Sicht verschiedene Gefahren.
Feindseligkeit gegenüber Muslimen wird in Deutschland aus Sicht des Politikwissenschaftlers Kai Hafez zu wenig bekämpft. Die vier bis fünf Millionen Musliminnen und Muslime, die hierzulande lebten, würden “vom Innenministerium im Regen stehen gelassen”, sagte Hafez der “Rheinischen Post” (Dienstag). “Das ist ein beträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden Bevölkerung, häufig sind es auch deutsche Staatsbürger.”
Er sehe eine “weit verbreitete Stigmatisierung”, fügte der Erfurter Wissenschaftler hinzu. “Der Islam wird meist nur mit negativen Themen verknüpft und die Interessen der Musliminnen und Muslimen werden vernachlässigt.” Hafez warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, ihre Fürsorgepflicht gegenüber den hier lebenden Muslimen zu vernachlässigen. Er gehört dem Unabhängigen Expertenrat Muslimfeindlichkeit an.
Hafez warnte vor den möglichen Folgen einer sich ausbreitenden Muslimfeindlichkeit. “Aus der Forschung wissen wir, dass Radikalisierung im Bereich des Islamismus viel mit Diskriminierungserfahrung zu tun hat.” Dies sei nicht der einzige, aber ein verstärkender Faktor. “Gerade bei jungen Menschen ist die Diskriminierungswahrnehmung Teil einer Radikalisierung. Wer etwas gegen islamistische Radikalisierung tun will, der sollte der Islamophobie in diesem Land vorbeugen.”
Er sehe bei Faeser ein Bemühen darum, “sowohl gegen den Islamismus als auch gegen den Rechtsextremismus stark aufzutreten und radikale Spitzen zu verbieten”, fügte der Kommunikationswissenschaftler hinzu. Repressive Maßnahmen seien in Ordnung, wenn zugleich betroffene Minderheiten geschützt würden. “Doch hier sehe ich keinerlei Ansätze im Innenministerium.” Neben der Gefahrenabwehr habe das Innenministerium auch einen Integrationsauftrag, “der momentan nicht erfüllt wird”, kritisierte Hafez.