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Wie tanzt man die Matthäus-Passion?

In der St. Reinoldi-Kirche führt der Bachchor Dortmund Bachs große Passionsmusik gemeinsam mit einem Ballett auf. Reinoldi-Kantor Klaus Eldert Müller erzählt von der Vorbereitung

Der Dortmunder Bachchor an St. Reinoldi bietet zum 125. Jubiläum seines Bestehens eine getanzte Version der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach. Reinoldi-Kantor Klaus Eldert Müller sprach mit Anke von Legat über die Zusammenarbeit mit dem Dortmunder Ballett und die Möglichkeiten, Musik mit Tanz zu verbinden.

Wie kamen Sie auf die Idee, die Matthäus-Passion tanzen zu lassen?
Das ist ein Traum, den ich schon lange hatte. Wir haben ja mit dem Bachchor schon viele oratorische Werke aufgeführt, aber so ein Stück einmal in Szene zu setzen, ist etwas Besonderes. Es ist natürlich sehr aufwändig, sowohl von der Probenarbeit für den Chor als auch finanziell – für unser Jubiläum hatten wir daher etwas gespart, so dass wir uns das jetzt leisten können.

Sie werden das Stück mit dem NRW Juniorballett des Dortmunder Theaters aufführen. Wie arbeiten Sie mit dem Choreographen Xin Peng Wang zusammen?
Xin Peng Wang war gleich begeistert, als ich ihm das Projekt vorschlug. Wir arbeiten in unseren Bereichen aber komplett getrennt voneinander und sind beide ganz frei in unserer Interpretation. Nur bei den Tempi mussten wir uns absprechen, weil die Tänzerinnen und Tänzer darauf angewiesen sind.

Sie haben also keine Ahnung, was auf Sie zukommt?
Ich weiß, dass nicht die ganze Passionsgeschichte als Erzählung dargestellt wird, sondern nur die betrachtenden Stücke, vor allem die Arien. Das finde ich sehr schön: Da, wo der Lauf der Erzählung stillsteht, kommt durch den Tanz eine neue Dimension dazu. Neulich war ich zum ersten Mal bei einer Ballett-Probe und konnte zwei Choreographien sehen: zum einen die Arie „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ , die musikalisch sozusagen im Zentrum der ganzen Passion steht. Die hat Xin Peng Wang sehr versunken, meditativ umgesetzt. Und zum anderen die Arie nach dem Verrat des Judas „Gebt mir meinen Jesum wieder“. Die soll, trotz der fast fröhlich anmutenden Musik, Verzweiflung ausdrücken; das hat Wang seinen Tänzern auch ganz klargemacht.

Sehen Sie im Tanz eine Möglichkeit, die Musik von Bach an unsere Situation anzupassen?
Das ist sicherlich so. Für die Zuhörenden und Zuschauenden öffnet sich eine ganz neue Form des Zugangs zu dieser Geschichte vom Scheitern und Sterben Jesu. Dieses theologische Weltgebäude ist ja sehr sperrig, auch für mich. Das Element des Tanzes bringt eine andere Sicht herein; ich hoffe, dass es bei den Menschen etwas auslöst.

Erwarten Sie eher Zustimmung oder Kritik zu diesem Experiment?
Natürlich gibt es skeptische Stimmen, aber ich glaube, die meisten Leute werden begeistert sein. Im Chor stehen alle hinter dem Projekt und verstehen sich als Teil der Inszenierung. Allein schon die Gestaltung der St. Reinoldi-Kirche als Bühne ist beeindruckend: Durch den Mittelgang wird ein Kreuz verlaufen, dessen Querbalken vorne dann die Bühne ist, auf der getanzt wird. Chor und Orchester befinden sich auf beiden Seiten dahinter – das wird auch für uns eine Herausforderung.

Gibt es noch Karten?
Ja, allerdings nur an der Abendkasse – und jeder, der kommt, wird auch einen Platz finden. Das haben wir uns vorgenommen.

Termine: 31. März, 19.30 Uhr und 2. April, 18 Uhr; zusätzlicher Termin: Vor­premiere am 30. März um 19.30 Uhr. Gemeinsam mit dem Bachchor musizieren das Consortium Musicum Cöln und Solisten.