Artikel teilen

Wie eine Gemeinde nach dem Feuer-Chaos hilft

Ein Feuer zerstört ein großes Wohnhaus in Bönningstedt bei Hamburg. Noch während die Feuerwehr die Flammen löscht, beginnt eine große Hilfs-Aktion – organisiert von der Kirchengemeinde.

Das Feuer hat dieses große Haus unbewohnbar gemacht
Das Feuer hat dieses große Haus unbewohnbar gemachtCaroline Hofmann / Quickborner Tageblatt

Bönningstedt. Es war Freitag, 11 Uhr, als bei Pastor Christopher Fock das Telefon klingelte. „Bönningstedt brennt“, erzählte der Anrufer. „Wie?“ – Fock konnte es kaum glauben und fuhr sofort los. „Bönningstedt ist ein Straßendorf, unser Dorfzentrum ist der Supermarkt, der Eisladen – und dort brannte es lichterloh“, erinnert er sich. 150 Feuerwehrleute kämpften gegen die Flammen. Die halbe Gemeinde sei dort gewesen. Dazwischen Bewohner, nur in Schlappen und T-Shirt, die fassungslos mit ansehen mussten, wie ihr Hab und Gut in Flammen aufging, berichtet Fock.

„Der Hausmeister unseres Kindergartens wohnte auch dort.“ Er konnte wie die übrigen Bewohner der acht Wohnungen über dem Supermarkt entkommen. Drei wurden verletzt in ein Krankenhaus gebracht, wie auch drei leicht verletzte Feuerwehrleute. Das Feuer war im Dachstuhl ausgebrochen. Der Rewe-Markt wird seit einiger Zeit umgebaut. Ob der Brand seine Ursache in diesen Arbeiten hat, muss nun ein Sachverständiger klären.

Schnell fließen die Spenden

Doch was Pastor Fock besonders bewegt, ist das, was dann geschah: Eine Welle der Hilfsbereitschaft brach über Bönningstedt herein. Noch während die Feuerwehr gegen die Flammen kämpfte, wurde in der Facebookgruppe Bönningstedt gefragt, wie man den Bewohnern helfen könnte.

„Dass gerade wir als Kirche so früh ins Spiel kamen, hat eine Vorgeschichte“, erläutert Fock. 2015, als der Strom von Flüchtlingen Deutschland und auch die kleine Gemeinde Bönningstedt erreichte, gründete sich ein Willkommensteam. Auch während der Corona-Pandemie lief die Unterstützung von Menschen der Risikogruppen beim Einkaufen oder später beim Impfen über die Kirche. „Wären diese Spendenaufrufe oder -aktionen von politischen Parteien organisiert worden, wir hätten ein komisches Gefühl gehabt. Aber wenn die Kirche das macht, dann ist es okay“, habe er immer wieder zuhören bekommen, so Fock, oder „Ich habe mit Kirche eigentlich nichts am Hut, aber da ist sie richtig und wichtig.“

Pastor Christopher Fock organisiert die Hilfe
Pastor Christopher Fock organisiert die HilfeMonika Avermeyer

Das Image der Bönningstedter Kirchengemeinde, die bereits vorhandene Infrastruktur – das alles habe dazu beigetragen, dass die Hilfsbereitschaft so groß war und schnell anlaufen konnte. Ein Spendenkonto existierte bereits. „Um 15 Uhr liefen dort die ersten Spenden ein, um 18 Uhr hatten wir die ersten 5000 Euro zusammen“, erzählt Pastor Fock. Vor Redaktionsschluss waren bereits fast 50.000 Euro zusammengekommen. Privatleute, Firmen vor Ort, der Besitzer des Gebäudes, die Sparkasse und sehr viele Menschen auch über die Grenzen der kleinen Gemeinde hinaus unterstützten mit großen und kleinen Geldbeträgen.

Komplettes Leben auf den Kopf gestellt

Aber auch Couchgarnituren, Kinderspielzeug und Kleidung werden angeboten. So viel, dass Pastor Fock bremsen musste. „Die Menschen brauchen erst einmal neue Wohnungen, in die sie die ganzen Dinge reinstellen können“, sagt Fock. Zu gegebener Zeit werde er dann Bescheid geben, was genau noch benötigt werde.

„In so einer Situation wünscht sich keiner zu stecken“, schreibt einer der Bewohner auf Facebook und bedankt sich bei allen Helfern und Pastor Fock. „Der Brand hat mein komplettes Leben, Wohnsituation sowie Hab und Gut auf den Kopf gestellt.“ Nur sein Portemonnaie und sein Mobiltelefon habe er retten können, bevor er über den Balkon und das Baugerüst das brennende Gebäude verlassen konnte.

Tränen geflossen

Und auch die anderen Bewohner des ausgebrannten Gebäudes sind von der Hilfsbereitschaft überwältigt. Tränen seien geflossen, so Fock. „Es hat ihnen gut getan zu merken, in diesem Chaos nicht mehr allein zu sein.“ Und selbst unter den ausgebrannten Bewohnern sei die Solidarität groß. Während einige ihr komplettes Hab und Gut verloren haben, werden – einer Brandschutzmauer sei dank – andere Bewohner irgendwann wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können. „Einige der Betroffenen haben das Geld abgelehnt, gesagt, dass es ihre Nachbarn ja viel schlimmer getroffen hätte und wir es lieber denen geben sollten“, berichtet er.

„Kirche hat hier im Ort einen ganz anderen Status. Sonntags ist hier im Gottesdienst zwar auch nicht unbedingt viel los, aber wir gehören dazu“, sagt Fock.

Info
Hier kann man die Spendenaktion unterstützen.