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Wie ein Deutsch-Syrer über eine Rückkehr denkt

Kurz nach dem Sturz Assads ist eine Debatte über die Zukunft der syrischen Community in Deutschland entbrannt. Ein Deutsch-Syrer erzählt, wieso Deutschland zu seiner Heimat geworden ist.

Wenn Ameer Ghazy an Syrien denkt, dann erinnert er sich an den Duft von Jasmin, einer weißen sternblättrigen Pflanze. Zu Hunderten sei das Blümchen in den Straßen seiner Heimatstadt Damaskus gewachsen, bevor es ab 2012 dem Geruch von Bomben und Munition habe weichen müssen.

Heute lebt der 32 Jahre alte Katholik mit seiner Familie in Berlin-Moabit, ist verheiratet und hat eine Tochter. In Syrien hatte er nach eigenen Angaben ein Importgeschäft mit Maschinenbauteilen betrieben, in diesem Jahr in Deutschland hat er ein Unternehmen gegründet, das Software und Social-Media-Marketing vertreibt. Von Anfang an sei es sein Ziel gewesen, anzukommen und zur Mitte der Gesellschaft zu gehören.

In Syrien sei er geboren, Deutschland sei seine Heimat, sagt er. Er habe nicht nur die deutsche Staatsbürgerschaft, sondern er fühle sich auch als Deutscher – auch wenn ihm manche das absprächen. Schließlich habe er den größten Teil seines Erwachsenenlebens in dem Land zwischen Nordsee und Alpen verbracht.

Die Diskussion um eine Rückkehr der syrischen Community versteht er nicht. “Ich habe inzwischen eine Familie hier – wie viele meiner syrischen Freunde.” Anstatt Rückführungsdebatten zu führen, wünscht sich Ghazy von der Bundesrepublik mehr Engagement in seinem früheren Heimatland. Die Zukunft gehöre den Syrerinnen und Syrern, den Rückzug internationaler Großmächte sehe er positiv.

Ein Umzug würde sich für ihn wieder so anfühlen wie der Aufbruch aus dem Kriegsgebiet, wie eine Entwurzelung, wie er sagt. “Ich würde es auch heute wieder schaffen, mir etwas Neues aufzubauen, da bin ich mir sicher. Aber ich gehöre zu Deutschland, ich will hier nicht weg.”

Ghazy will das Land nach eigenen Worten mitgestalten, sich nicht bloß mittreiben lassen. Deshalb legt er Freunden nahe, sich vor der Bundestagswahl die Parteiprogramme anzusehen und zur Wahl zur gehen. Es sei wichtig, für die Demokratie Verantwortung zu übernehmen.

In seiner Berliner Wohnung riecht es noch nach seiner Geburtsstadt Damaskus, denn er hat ein Fläschchen mit Jasminduft gekauft. Wenn ihn jemand fragt, ob das nicht nur ein Duft für Frauen sei, sagt er: “Nein, Jasmin ist für alle da.”