Artikel teilen:

Westen eher positiv – Osten sehr skeptisch

Aktuelle repräsentative Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland zeichnet ein geteiltes Stimmungsbild der Bevölkerung

HANNOVER – Ein Jahr nach Angela Merkels Satz „Wir schaffen das“ hält sich die Anzahl der Deutschen, die dem zustimmen oder widersprechen, die Waage. Jeweils gut 34 Prozent hätten die Frage, ob Deutschland die Herausforderungen durch die Aufnahme der Flüchtlinge bewältigen wird, mit „Ja“ oder „eher Ja“ beziehungsweise mit „Nein“ oder „eher nicht“ beantwortet, heißt es in einer aktuellen Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Dabei tendiere die Stimmung im westlichen Bundesgebiet seit Februar 2016 „eher zum Positiven“, im Osten „überwiegt die skeptische Stimmung deutlich“, heißt es in der repräsentativen Studie. Nach wie vor gebe es mit 31 Prozent einen „beachtlichen Anteil von Befragten“, die keiner Position zuneigten.
Das kirchliche Institut hat in den vergangenen zehn Monaten viermal zwischen 1000 und 2000 Menschen zu ihrer Einstellung gegenüber Flüchtlingen, gesellschaftlichen Veränderungen und im August 2016 auch zu ihrer Angst vor Terroranschlägen befragt.
Demnach hat die Hälfte der Bevölkerung Angst vor islamistischen Terroranschlägen in Deutschland, ein knappes Drittel befürchtet, selbst Opfer eines Anschlags zu werden. Dabei seien diejenigen, die Angst vor Anschlägen hätten, auch eher skeptisch, ob das Land die Herausforderungen bewältigen könne.
Deshalb sei „nicht auszuschließen, dass die Zuversicht im August 2016 sogar weiter angestiegen wäre, wenn es die Terroranschläge im Juli dieses Jahres nicht gegeben hätte“, schreiben die Verfasser der Studie.
Der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts, Gerhard Wegner, spricht von einer „Stabilität des öffentlichen Meinungsbilds“ über die zehn Monate hinweg. Nach wie vor existiere eine „klare ethische Grundorientierung“ in der Diskussion über Flüchtlinge und Integration, sagte der Theologe. So ist laut Studie eine große Mehrheit davon überzeugt, Deutschland stehe mit der Aufnahme von Flüchtlingen „Menschen in existenzieller Not zur Seite“: Im November 2015 stimmten 88,4 Prozent dieser Aussage zu, im August waren es 85,4 Prozent.
Das widerspricht laut Wegner dem von Politikern und Medien vermittelten Bild: „Die mediale und politische Debattenlage der letzten Monate steht damit in einem Spannungsfeld zum Meinungsbild der Deutschen.“
Die stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus, wies darauf hin, dass die Zahl der in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen von knapp elf Prozent im November 2015 auf knapp zwölf Prozent im Mai 2016 gestiegen sei. „Das Engagement für Flüchtlinge hat innerhalb kurzer Zeit seinen festen Platz im Ehrenamt Deutschlands gefunden“, sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. epd