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Weißes Haus als Hinterhalt – Wer will noch als Gast ins Oval Office?

Täter-Opfer-Umkehr: Donald Trump benutzt das Oval Office erneut als Hinterhalt für einen Staatsgast. Im Fall des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa inszeniert er sich als Beschützer weißer Farmer.

Das rassistisch geprägte Weltbild von US-Präsident Donald Trump reicht Jahrzehnte zurück: Als 1989 der brutale Überfall auf eine Joggerin im New Yorker Central Park die Nation schockierte, forderte Trump in ganzseitigen Zeitungsanzeigen die Todesstrafe für fünf tatverdächtige Jugendliche – allesamt Schwarze und Latinos. Tatsächlich aber wurde Jahre später mit DNA-Beweisen ein anderer Mann zweifelsfrei als Mörder überführt. Eine Entschuldigung Trumps steht bis heute aus.

Dieses Beispiel kommt Kritikern wie dem schwarzen Bürgerrechtler Derrick Johnson in den Sinn, wenn sie das denkwürdige Gespräch im Oval Office beim Besuch des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa in einen Kontext stellen. Es illustriere die lange Geschichte rassistisch geprägter Vorurteile des US-Präsidenten, so der Chef der Nationalen Vereinigung zur Förderung farbiger Menschen (NAACP): “Das war eine widerliche und gefährliche Propaganda-Show, die Trumps Narrativ entspricht – sei es im In- oder Ausland.”

Was ist geschehen? Eigentlich sollte das Gespräch zwischen Trump und Ramaphosa im Weißen Haus die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern in den Mittelpunkt stellen. Stattdessen konfrontierte Trump den Staatsgast mit der haltlosen Behauptung, in Südafrika finde ein “Genozid” an weißen Farmern statt – und das nicht etwa mit einem spontanen Spruch, sondern mit vorbereiteten Videos. Die Anschuldigung klang für viele Beobachter geradezu absurd gegen einen Mann, der selbst als Opfer des Apartheid-Regimes aufwuchs und heute eine Regierung leitet, in der Schwarze wie Weiße Minister sind.

Die Szene erinnerte an den Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office wenige Wochen zuvor. Auch dort drehte Trump die Realität kurzerhand um und erklärte das von Russland angegriffene Land und dessen Präsidenten zum Problemfall. Das Muster: ein Opfer wird zum Täter stilisiert.

Trump spielte Ramaphosa unvermittelt – und Schweigen gebietend – Videos vor, die die angebliche systematische Verfolgung weißer Südafrikaner belegen sollen. Eines zeigte den Führer einer radikalen Schwarzen-Partei, der einen Slogan gegen weiße Bauern aus Apartheid-Tagen skandierte. Trump unterschlug bei seiner Vorführung aber, dass das linkspopulistische Enfant terrible Julius Malema rein gar nichts mit der Regierung zu tun hat.

Nicht minder irreführend war die Präsentation von Aufnahmen, die Hunderte weiße Kreuze entlang einer Landstraße zeigen. Trump behauptete, es handele sich um Grabstätten von etwa 1.000 ermordeten weißen Landwirten. In Wahrheit war es eine Protestaktion im Osten Südafrikas im Jahr 2020.

Ramaphosa wies die Anschuldigung von “Völkermord” an der weißen Minderheit entschieden zurück. “Menschen werden leider durch kriminelle Aktivitäten getötet”, so räumte er das Problem vieler Gewalttaten in Südafrika ein: “Aber das sind nicht nur weiße Menschen – die Mehrheit davon sind Schwarze.” Südafrikanische Polizeistatistiken zeigen, dass zwischen Oktober und Dezember 2024 auf Südafrikas Farmen zwölf Menschen ermordet wurden – ein kleiner Bruchteil von insgesamt 6.953 Mordopfern landesweit im selben Zeitraum.

Trumps Empörung über Gewalt gegen Weiße in Südafrika passt zu seiner Politik in den USA, wo er sich schon lange als Beschützer weißer Privilegien inszeniert. Seit seinem Amtsantritt hat er Programme zur Förderung von Vielfalt in Bundesbehörden systematisch abgebaut – und private Unternehmen unter Druck gesetzt, die auf Diversität bei Einstellungen setzten.

Am Jahrestag der Tötung des 2020 durch Polizeigewalt getöteten Schwarzen George Floyd kündigte die Trump-Regierung an, fast zwei Dutzend Polizeibehörden nicht weiter zu überwachen, denen Bürgerrechtsverletzungen vorgeworfen wurden. Gezielt schürt Trump Ängste vor einem Verlust weißer Privilegien und konstruiert ein Narrativ der “umgekehrten Diskriminierung”, das bei seiner Basis auf fruchtbaren Boden fällt.

Trump treibt das im Fall Südafrikas nun noch weiter: Weißen Südafrikanern gewährt er Flüchtlingsstatus in den USA. Nicht zuletzt verhöhnt er damit auch die einstigen Opfer des Apartheid-Regimes. Denn über Jahrzehnte unterdrückte die weiße Minderheit die nicht-weißen Bevölkerungsgruppen systematisch.

Vor gut einer Woche kamen die ersten Südafrikaner per Chartermaschine in den USA an. Die anglikanische Episkopalkirche beendete daraufhin ihre jahrzehntelange Partnerschaft mit der US-Regierung bei der Flüchtlingsumsiedlung. Deren leitender US-Bischof Sean Rowe erklärte, seine Kirche werde nicht schweigen, wenn weiße Afrikaner zu Flüchtlingen gemacht werden, während überprüfte Schutzbedürftige nicht ins Land dürften.