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Von Veit Hoffmann
ERSTER BÜRGER„Nichts Besseres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen,als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,wenn hinten, weit, in der Türkei,die Völker aufeinander schlagen.Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen ausund sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten.Dann kehrt man abends froh nach Hausund segnet Fried und Friedenszeiten.“
ZWEITER BÜRGER
„Ach ja, Herr Nachbar, ja, so lass ichs auch geschehn:Sie mögen sich die Köpfe spalten, mag alles durcheinander geh´n:Doch nur zu Hause bleibt´s beim alten!“
Goethes Faust, erster Teil.
Das klingt nach Beschaulichkeit und kleinbürgerlicher Idylle. Ich habe ein Häuschen, Putin und die Ukraine können mich mal! Dieses Denken zieht sich durch die Generationen wie eine alte Strickarbeit. Viele Zeitgenossen leben innerlich ungerührt an den täglichen Nachrichten vorbei. Was geht es mich an?
Doch zum Glück ist die Anzahl der Menschen, die sich von Unglück, Krankheit, Krieg und Not ansprechen lassen nicht klein. Auch dieses Denken zieht sich durch die Generationen und Jahrhunderte. Jesus erzählt von dem Samariter, der nicht an dem blutend am Wegrand liegenden Menschen vorbeigehen kann. Er hilft ihm, opfert Zeit, Kraft und Geld um ihn zu retten. Tausendfach geschieht solche Hilfe, meist ganz im Verborgenen. Niemand weiß, wie viele alte Menschen beispielsweise in Seniorenheimen untergebracht werden müssten, wenn es nicht dieses stille, oft aufopfernde Zupacken in Familien und in der Nachbarschaft gäbe! Auch der Spendenfluss an Hilfsorganisationen zeigt, dass Menschen nicht ohnmächtig zuschauen wollen, wenn Katastrophen, Kriege oder Hungersnöte das Leben ihrer fernen Mitmenschen bedrohen. Da ist es gleichgültig, welcher Religion oder Nation diese angehören. Die Not macht aus Fremden Schwestern und Brüder. „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan!“ sagt Jesus im Evangelium und legt mit diesen Worten den Finger auf unser Menschsein.