Das Bürgergeld wurde erst vor zwei Jahren eingeführt. Nach dem Willen der Koalition soll es schon bald wieder der Vergangenheit angehören.
Es war das große Sozialprojekt der Ampel-Regierung: Die Einführung des Bürgergelds als Nachfolger der Hartz-IV-Regelung. Kritik daran wurde sehr schnell laut. Nun will die schwarz-rote Bundesregierung zügig Reformen auf den Weg bringen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet wichtige Fragen dazu:
Was beinhaltet das Bürgergeld und wie viele Menschen beziehen es?
Das Bürgergeld wurde 2023 unter der Ampel-Regierung eingeführt. Damit wurden die bis dahin geltenden Hartz-IV-Regelungen abgelöst, die unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeführt worden waren und eine drastische Verschärfung der bis dahin gezahlten Sozialleistungen bedeuteten. Die Ampel-Regierung wollte das korrigieren und setzte stärker auf das “Fördern” der Empfänger. Sanktionen wurden gelockert, Karenzzeiten für Vermögen ausgeweitet.
Warum will die schwarz-rote Koalition das Bürgergeld reformieren?
Vor allem die Union drängte bereits bei den Koalitionsverhandlungen auf eine Reform des Bürgergelds. Es sollten mehr Menschen in Arbeit gebracht und die Ausgaben für die Sozialleistungen zurückgefahren werden. Sie lagen im vergangenen Jahr bei rund 47 Milliarden Euro; das waren etwa neun Prozent mehr als im Vorjahr. Die Steigerung liegt auch daran, dass infolge des russischen Angriffskriegs nach Deutschland geflohene Ukrainer sofort Bürgergeld statt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen konnten. Zudem wurden Fälle von Sozialmissbrauch auch durch kriminelle Clans offenkundig.
Wie viele Menschen beziehen Bürgergeld?
Aktuell beziehen rund vier Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter Bürgergeld, etwa 800.000 stocken ihr geringes Einkommen damit auf. Der Bürgergeld-Regelsatz für Alleinstehende beträgt derzeit 563 Euro. Zusätzlich gibt es etwa 1,4 Millionen nicht erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger, darunter Kinder und Jugendliche und gesundheitlich eingeschränkte Menschen. Etwas mehr als die Hälfte der Bezieher sind deutsche Staatsbürger. Unter den Empfängern mit ausländischem Pass stammte der größte Anteil mit rund 700.000 aus der Ukraine.
Welche Reformen sind geplant?
Zunächst soll sich der Name der Sozialleistungen ändern. Statt Bürgergeld sollen Empfänger künftig eine Grundsicherung erhalten. Inhaltlich soll es vor allem zu härteren Sanktionen kommen, wenn Empfänger nicht mit der Arbeitsagentur kooperieren. So soll es unverzüglich einen zweiten Termin im Jobcenter geben, wenn ein erster Termin nicht wahrgenommen werden kann. Wird auch dieser versäumt, werden die Leistungen um 30 Prozent gekürzt. Wird auch der nicht genützt, werden “alle Leistungen einschließlich Kosten der Unterkunft komplett eingestellt”.
Darf der Staat die Leistung komplett streichen?
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 entschieden, dass es ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gebe. Der vollständige Wegfall sei auf Grundlage der derzeitigen Erkenntnisse mit den verfassungsrechtlichen Maßgaben nicht vereinbar. Die Ampel-Regierung hatte im vergangenen Jahr eine Gesetzesänderung eingeführt; demnach ist es möglich, das Bürgergeld für maximal zwei Monat zu streichen.
Was ist noch vorgesehen?
Bei der Vermögensanrechnung gibt es künftig keine Karenzzeit mehr. Stattdessen wird das sogenannte Schonvermögen an die Lebensleistung der Betroffenen gekoppelt. Dabei soll sich das Jobcenter am Alter und der bisherigen Beitragszeiten in die Arbeitslosenversicherung orientieren. Zudem gilt wieder stärker der Vermittlungsvorrang in Arbeit. Der Arbeitssuchende muss eher bereit sein, eine – möglicherweise auch schlechter bezahlte – Tätigkeit anzunehmen, bevor andere Maßnahmen wie Weiterbildung greifen. Auch will die Koalition stärker gegen Missbrauch von Sozialleistungen vorgehen und Schwarzarbeit bekämpfen.
Gibt es Ausnahmen bei den Sanktionen?
Wenn Leistungsempfänger psychisch krank oder anders gesundheitlich beeinträchtigt sind, solle das berücksichtigt, betonte Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) bei der Vorstellung der Maßnahmen.
Welche Einsparungen erhofft sich die Regierung?
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach “von vielen Milliarden”, die man einsparen könne. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erwähnte zuletzt eine Summe von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro. Ministerin Bas erwähnte am Donnerstag Einsparungen von einer Milliarde Euro, die aber vor allem dadurch zustande käme, dass mehr Menschen in Arbeit gebracht werden sollen.
Wie geht es weiter?
Laut Bas liegt ein Referentenentwurf für eine Reform des Bürgergelds vor. Er müsse nun entsprechend angepasst werden. Die Bundesregierung werde ihn dann zügig auf den Weg bringen.
Gibt es Kritik an den geplanten Reformen?
Kritik kommt von den Linken und den Grünen. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek spricht von einem massiven Angriff auf den Sozialstaat. Auch Sozialverbände warnen vor zu harten Sanktionen und einer Stigmatisierungen von Erwerbslosen.