Loitz. Für Christoph Krasemann war es ein „Sensationsfund“, sagt er: 2017 bekam er mitten in seiner Doktorarbeit, in der Loitzer Kirchenbibliothek eine Bibel von 1584 gezeigt – eine, die der sächsische Hebraist Elias Hutter im 17. Jahrhundert persönlich durchgearbeitet hatte. Fast war es, als könnte Krasemann Hutter nun bei der Übersetzungs-Arbeit über die Schulter schauen: „Ich konnte zum Beispiel verfolgen: Welche Übersetzungen, die er am Rand notiert hat, hat er später übernommen, welche wieder verworfen?“, erzählt der Theologe, der an der Universität Greifswald über Hutters Hebräisch-Ansatz promovierte.
Am nächsten Donnerstag, 21. März, um 17 Uhr, wird Christoph Krasemann in der Loitzer Marienkirche von eben dieser Bibel erzählen. Und davon, wieso Hutter das Hebräische allen Menschen beibringen wollte. „Im Hebräischen haben alle Wörter einen Stamm, der aus nur drei Buchstaben besteht“, erklärt Krasemann. Hutter habe das zur Trinitätslehre in Verbindung gebracht und daraus geschlossen: Bis zur Babylonischen Sprachverwirrung hätten alle Menschen Hebräisch gesprochen, diese Sprache der Einheit müssten sie nun wieder lernen. Der Titel von Krasemanns Vortrag: „Wie man einst Hebräisch lernte – die bewegte Geschichte einer hebräischen Bibel in der Loitzer Kirchenbibliothek.“
Leuchtturm für die gesamte Region
Nicht nur das Thema ist ungewöhnlich, auch die Veranstaltung selbst: Sie gehört zur neuen Reihe „Universität in der Region“, die im Oktober an der Greifswalder Hochschule startete. Seit Jahren bringt die Uni mit den Formaten „Familien-Universität“ und „Universität im Rathaus“ Wissen aus den eigenen Forschungsreihen allgemeinverständlich unters Volk – bisher aber auf die Stadt beschränkt. Im Rahmen der neuen Reihe kommen einmal im Monat Wissenschaftler zu Vorträgen oder Werkstattgesprächen ins weite Umland und präsentieren interessierten Laien ihre Forschungsergebnisse – vor allem solche, die gesellschaftliche Relevanz oder regionale Bedeutung haben.
„Wir wollen als Uni nicht nur Leuchtturm für Greifswald, sondern für die gesamte Region sein“, erklärt Julia Lammertz, Mitarbeiterin der Uni-Pressestelle. Die Hauptaufgaben einer Hochschule seien Forschung und Lehre. „Wir legen inzwischen aber auch viel Wert auf die sogenannte ‚third mission‘,: die Aufgabe, die gesellschaftliche Relevanz der universitären Arbeit zu zeigen.“
Die erste Veranstaltung hatte im Oktober in Pasewalk stattgefunden, es folgten Vorträge in Anklam, Wolgast und nochmal Pasewalk – zu Demenz, Lehrermagel, schwierigen Entscheidungen auf der Intensivstation … „Manchmal kamen nur etwa 15 Besucher, zuletzt waren es 35“, erzählt Julia Lammertz. „Und meistens war es ein intensiver Austausch.“ In Anklam hätten Wissenschaftler zum Beispiel über die Wiedervernässung von Mooren gesprochen. „Das ist ein Thema, das für Anwohner nicht unbedingt positiv besetzt ist“, sagt sie. Doch die Abschlussrunde habe gezeigt: „Es ist gegenseitiges Verständnis gewachsen.“