Düsseldorf (epd). Es sollte eine Traumhochzeit werden: Freitags die standesamtliche Trauung, am Tag darauf die kirchliche mit großer Feier in einem Schloss am Ufer des Bodensees, 200 Gäste aus ganz Deutschland und dem Ausland, gemeinsame Fahrt auf einem Dampfschiff auf dem See. Vorgesehen war das Ganze für den vergangenen Juni, doch dann machte die Corona-Pandemie Silvan Gmeinder und seiner Freundin
einen Strich durch die Rechnung.
«Wir haben wie geplant standesamtlich geheiratet, aber nur mit unseren Eltern und Geschwistern», erzählt der 26-Jährige aus Ravensburg. Die große Feier verschoben sie auf Mai 2021. Doch aufgrund der unsicheren Covid-Lage will das Paar nun auch diesen Termin absagen: «Es steht einfach zu viel Geld auf dem Spiel.» Durch die kurzfristige Absage 2020 hat das Paar über 14.000 Euro verloren – Geld, das bereits angezahlt war, beispielsweise für den Veranstaltungsort, die Hochzeitstorte, Gastgeschenke.
Stornierte Buchungen, Diskussionen um Rückzahlungen: Das Problem kennt auch Thomas Pfeiffer. Der 54-jährige Fotograf wohnt in Haibach im Bayerischen Wald und fotografiert seit 2014 überwiegend Hochzeiten. 2020 brachen seine Einnahmen um 70 Prozent ein, er nennt das Jahr «eine mittlere Katastrophe». Normalerweise ist er in den Sommermonaten jedes Wochenende gebucht, «im Moment liegt alles brach. Das Dumme ist ja, dass keiner weiß, wie es weitergeht. Die Leute sind sehr verunsichert.»
Um seinen Kunden entgegenzukommen, hat er die Stornogebühren bei einer Absage reduziert. «Aber nicht mal darauf lassen sich die Leute ein. Die sagen dann: 'Das ist ja nicht unsere Schuld.' Aber ist es etwa meine?», berichtet Pfeiffer verärgert. Corona-Hilfen hat er keine bekommen, weil er als Werbefotograf in den Sommermonaten 2020 noch «zu viel» Geld verdient hat. Auf diesen Bereich seiner Arbeit will er sich auch in Zukunft wieder mehr konzentrieren.
«Nicht mal 2.000 Euro» hat Claudia Klimm, Inhaberin eines Brautmodengeschäfts in Düsseldorf, als Corona-Hilfe bekommen. Ihr half bisher vor allem die Kulanz ihres Vermieters, doch wie lange noch, ist unklar. 2020 nahm sie nur etwa halb soviel Geld ein wie 2019.
Ihre Brautkleider seien für das große Fest vorgesehen, nicht für die standesamtliche Trauung im kleinen Kreis – dafür seien sie auch schlicht zu teuer, sagt Klimm. Deshalb werde auch ihr Angebot einer Videoberatung mit anschließender Lieferung der Kleider nach Hause im Moment kaum angenommen. «Und ich kann das sogar verstehen.»
Ihr Lager ist voll mit bereits verkauften Kleidern aus dem vergangenen Jahr, deren Trägerinnen darauf warten, endlich nach ihren Vorstellungen heiraten zu können. «Meine Kundinnen sind Juristinnen, Medizinerinnen – gestandene Frauen. Was glauben sie, wie oft ich jetzt weinende Frauen am Telefon habe», erzählt die Ladenbesitzerin. «Je öfter die Hochzeit verschoben wird, desto mehr gehen die
Emotionen verloren. Die Frustration gräbt sich ein.»
Nicht nur das weiße Traumkleid ist für die meisten Paare für die große Feier reserviert – auch die kirchliche Trauung ist nichts, was sie nur im kleinen Kreis erleben möchten. «Diejenigen, die auf jeden Fall den kirchlichen Segen wollen, auch ohne großes Event, sind die Minderheit», erzählt Gisela Möller vom Büro der evangelischen Kirche St. Johannis zu Hamburg-Eppendorf. Das romantische Gotteshaus ist eine beliebte Hochzeitskirche. Doch vergangenes Jahr habe es nur eine einzige Trauung gegeben, erzählt Möller. Normalerweise seien es pro Jahr 70 bis 80 mit oft 100 Gästen. Mit Hygienekonzept seien aktuell nur 60 Besucher in der Kirche erlaubt.
Viele hätten die Hochzeit von 2020 auf 2021 verschoben, sagten jetzt aber nach und nach erneut ab. Doch einige würden die Planung immer noch hoffnungsfroh in die Hand nehmen – bei manchen sei in der Zwischenzeit sogar etwas sehr Schönes passiert: «Ein Paar hat uns angerufen und gefragt, ob sie die Taufe ihres neugeborenen Kindes gleich zusammen mit der Hochzeit feiern können.»
Voller Hoffnung ist auch Sarah Hämmerle aus Ravensburg. Die 29-Jährige hat sich 2020 als Hochzeitsplanerin selbstständig gemacht – trotz Corona. Sie möchte helfen, die Feste in Zukunft nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten.
Zurzeit plant sie Hochzeiten für 2022 – immer mit verschiedenen Optionen, je nachdem mit wie vielen Gästen eine Feier möglich sein wird. Auf ihrer Homepage wirbt sie auch für «tiny» oder «micro weddings» – kleine Hochzeiten zu zweit oder mit 20 bis 30 Personen.
Und das nicht nur aus der Not heraus. «Wenn man sich auf das Wichtigste konzentriert, hat das auch viele Vorteile», findet Hämmerle, «mehr Zeit und weniger Kosten zum Beispiel.» Die Paare könnten sich etwa an einem intimen Ort in der freien Natur das Ja-Wort geben, hätten mehr Zeit, sich mit jedem Gast ausführlich zu
unterhalten und könnten sich Dinge leisten, für die das Geld sonst vielleicht nicht reichen würde: etwa Live-Musik oder die Übernachtung für alle Gäste.