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Wahlkampf mit Gott

Religion spielt beim Ringen um Stimmen der Bürgerinnen und Bürger traditionell eine bedeutende Rolle. Selbst der Provokateur Donald Trump spielt auf dieser Klaviatur

picture alliance / AP Images

WASHINGTON – In Iowa, wo die US-Vorwahlen anfang des Monats gestartet sind, hat er sein Ziel nicht erreicht. Der Multimilliardär Donald Trump errang nur Platz zwei – nach dem texanischen Senator Ted Cruz. Cruz errreichte 27,7 Prozent und Trump 24,3 Prozent der Stimmen. Auf Platz drei im Ringen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner landete in Iowa Marco Rubio.
Republikaner reden im USWahlkampf traditionell viel vom Glauben und von Gott. Da macht auch der Geschäftsmann, Provokateur und Showman Donald Trump keine Ausnahme – obwohl das eigentlich nicht die Klaviatur ist, die er üblicherweise bespielt. Aber an der Tatsache, dass sich in Iowa rund 60 Prozent der republikanischen Vorwähler als evangelikale Christen bezeichnen, konnte auch er nicht vorbeigehen.

„Niederknien und Gott um Führung bitten“

Genausowenig wie Trumps Partei-Konkurrent Ted Cruz. Der forderte vor den Wahlen seine Anhängerinnen und Anhänger auf, für die USA zu beten, um die Nation vor dem Niedergang zu retten. Und sein Rivale Marco Rubio, Senator in Florida, sagt, man müsse jemanden wählen, „der niederkniet und Gott um Führung bittet“. Zweck des Lebens sei doch, „mit Gottes Plan zu kooperieren“.
Religiöses hat große Bedeutung bei republikanischen Vorwahlen, besonders in Iowa, einem ländlichen Bundesstaat im Mittleren Westen. 2012 stellten dort evangelikale Christen rund 60 Prozent der 120 000 republikanischen Vorwähler. Für 64 Prozent der Republikaner sei es wichtig, dass ein Präsident ihren Glauben teilt, berichtete das Institut „Pew Research Center“.
Mehrere republikanische Anwärter haben einen guten Ruf in konservativen christlichen Kreisen. Besonders hoch gehandelt wird der 45-jährige Cruz. Er steht der konservativen „Tea Party“ nahe und ist Mitglied einer Baptistengemeinde in Houston. Einer seiner auffälligsten Iowa-Wahlhelfer war sein Vater Rafael Cruz, Einwanderer aus Kuba und evangelikaler Prediger. Der 44-jährige Senator Marco Rubio aus Florida, ebenfalls mit kubanischen Wurzeln, ist Katholik und Abtreibungsgegner.
Donald Trump hingegen, der inzwischen auch bei weißen Evangelikalen Zuspruch findet, hat gleichzeitig  Probleme mit den konservativ-frommen Lager: Er war dreimal verheiratet, ist Spielkasinogründer und weder demütig noch bibelfest. Noch im Jahr 2000 hatte sich der 69-Jährige für das Recht auf Abtreibung ausgesprochen. Inzwischen sei er „Pro-Life“ (deutsch: „Für das Leben“), sagt er mit Blick auf die Bewegung der Abtreibungsgegner.

Ein Mann, „der das Land groß machen kann“

Führende Vertreterinnen von Lebensschutzverbänden hingegen publizierten einen „Offenen Brief an Iowa“: Sie trauen Trump nicht, man solle nicht für ihn stimmen.  Auch der Ethiker des Südlichen Baptistenverbandes, Russell Moore, sagt, Trump besitze keinen moralischen Kompass.
Doch der Milliardär ist offenbar ein Magnet. Laut Pew-Umfrage meinen 52 Prozent der weißen Evangelikalen, Trump wäre ein guter oder großer Präsident. Die frühere Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin hat sich für Trump ausgesprochen, und auch Jerry Falwell Jr., Präsident der größten christlichen Universität und Sohn des 2007 verstorbenen Fernsehpredigers Jerry Falwell. Trump sei ein „erfolgreicher Geschäftsmann, wunderbarer Vater, und ein Mann, der meines Erachtens unser Land wieder groß machen kann“, sagte er in der „Washington Post“.
Sein Vater, Gründer der „Moralischen Mehrheit“, habe 1980 Ronald Reagan unterstützt, der als geschiedener Mann aus Hollywood anfangs nicht sehr angesehen war bei Evangelikalen, sagte Jerry Falwell. Er habe „keinen Sonntagsschullehrer gewählt und keinen Pastoren“, sondern einen Präsidenten mit „Fähigkeiten, eine Nation zu führen“. Reagans Gegenkandidat war der Sonntagsschullehrer Jimmy Carter.
Die Demokraten Bernie Sanders, ein Jude, und Hillary Clinton, eine Methodistin, haben keine Chancen in der evangelikalen Welt, allein wegen ihrer Zustimmung zur gleichgeschlechtlichen Ehe. Laut Pew-Umfrage halten 43 Prozent der Wähler Hillary Clinton für „nicht religiös“. In Iowa legte sie laut „New York Times“ dennoch ein ungewohnt detailliertes Glaubensbekenntnis ab: Jesu Bergpredigt ergreife Partei „für die Armen und die Barmherzigen und die, die nach weltlicher Rechnung nicht viel haben“. Es mache sie traurig, wenn das Christentum benutzt werde, um „rasch zu verurteilen und hart zu richten“.

„Nicht involviert in organisierte Religion“

Unter den Demokraten errang Clinton gegenüber ihrem Konkurrenten Bernie Sanders dennoch nur eine hauchdünne Mehrheit (49,9 zu 49,6 Prozent).
Für den linken Sanders spielt die Religion eine untergeordnete Rolle. Der „Washington Post“, sagt er, er glaube an Gott, doch nicht auf traditionelle Art. Für ihn bedeute Glaube, „dass wir alle miteinander verbunden sind, dass alles Leben zusammenhängt“. Er sei nicht involviert in „organisierte Religion“.
Der „Vorwahlzirkus“ wird die Vereinigten Staaten noch Monate beschäftigen. Die letzten der 50 Bundesstaaten wählen erst im Juni.