Gegen Beschäftigte des Gefängnisses in Gablingen bei Augsburg gibt es Vorwürfe der Häftlingsmisshandlung. Dazu hat sich Bayerns CSU-Justizminister nun erstmals persönlich geäußert. Die Opposition attackiert ihn harsch.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat Konsequenzen aus den Misshandlungsvorwürfen gegen Beschäftigte der Justizvollzugsanstalt Gablingen bei Augsburg angekündigt. Die Bearbeitung von Beschwerden im Justizvollzug komme auf den Prüfstand, sagte Eisenreich am Donnerstag in München. Alle Beschwerden würden künftig statistisch erfasst, um etwa Vergleiche zu erleichtern und Auffälligkeiten schneller zu bemerken. Besondere Beschwerden müssten dem Minister vorgelegt werden. Auch solle es neue einheitliche Leitlinien für Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen geben und das Monitoring dazu im Ministerium detaillierter werden.
Eisenreich ergänzte in Bezug auf das Gablinger Gefängnis, dessen Berichtspflichten an das Ministerium seien verschärft worden. Ferner habe man eine neue stellvertretende Leiterin eingesetzt. Überdies sei die Leiterin vorläufig freigestellt. Gegen sie gebe es zwar weder Beschuldigungen noch ein Disziplinarverfahren, doch solle so die Aufklärung der Vorwürfe erleichtert werden.
Vergangenes Wochenende war bekanntgeworden, dass die Augsburger Staatsanwaltschaft in Sachen Gablingen wegen des Verdachts auf Gefangenen-Misshandlung ermittelt. Es besteht laut Behörde der Anfangsverdacht, dass einzelne Gefangene unbekleidet in einen besonders gesicherten Haftraum untergebracht worden sein sollen, ohne dass die besonderen Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen. “Zudem geht die Staatsanwaltschaft Vorwürfen nach, wonach es zu tätlichen Übergriffen einzelner Beschäftigter auf einzelne Gefangene gekommen sein soll”, so die Behörde.
Die Vorwürfe stammen maßgeblich von einer früher in dem Gefängnis tätigen Ärztin sowie einer Anwältin. Im Fokus der Vorwürfe steht die bisherige stellvertretende JVA-Leiterin. Sie und die weiteren Beschuldigten dürfen Eisenreich zufolge aktuell weder das Gefängnis betreten noch ihre Dienstgeschäfte führen. Es gelte die Unschuldsvermutung.
Eisenreich betonte, er selbst habe erst jüngst von den Vorwürfen erfahren. Sein Ministerium habe allerdings schon im Oktober 2023 von der Ärztin einen Brief mit Missstandsberichten bekommen. Auf eine Konkretisierungsbitte habe sie nicht reagiert. Man habe das Schreiben dennoch an die Augsburger Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Diese sei bei ihren Vorermittlungen nicht auf strafrechtliches Verhalten gestoßen. Die JVA habe alle Unterbringungen in den besonders gesicherten Hafträumen gerechtfertigt.
Er habe den Eindruck, dass sein Haus von einzelnen Mitarbeitern in Gablingen möglicherweise getäuscht worden sei, so Eisenreich weiter. Womöglich habe man im Ministerium auch die Dimension der Vorfälle unterschätzt. “Rückblickend muss man sagen, dass bei der Kontrolle von Gablingen noch mehr hätte passieren müssen.”
Der Minister fügte hinzu, nun gelte es, die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Klar sei: “JVAs sind keine rechtsfreien Räume.” Die Menschenwürde sei unantastbar, auch im Justizvollzug.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Horst Arnold, sagte nach Eisenreichs Pressekonferenz, der Umgang des Justizministeriums mit den Vorwürfen sei unzureichend. “Eine echte Schande ist es, dass erst jetzt Statistiken über Beschwerden eingeführt werden. Ganz offenkundig sind Probleme im Strafvollzug im Hause Eisenreich bislang nicht sehr ernst genommen worden. Das Interesse an der Würde des Menschen war wohl doch nicht allzu groß.”
Toni Schuberl, Rechtssprecher der Landtags-Grünen, rief nach Markus Söder: “Wenn eines seiner Ministerien möglicherweise Teil eines solchen Skandals ist, dann ist es allerhöchste Zeit, dass die Aufklärung eine Ebene höher stattfindet. Der Ministerpräsident muss sich einschalten und die Sache in die Hand nehmen.” Denn die Foltervorwürfe erschütterten die Grundfesten von Rechtsstaat und Demokratie.