Als letztes der neu gegründeten ostdeutschen Bundesländer schloss Brandenburg vor 20 Jahren einen Staatsvertrag mit dem Heiligen Stuhl. Wegen eines Streits mit den Kirchen hatte das Abkommen lange auf Eis gelegen.
Lange sah es für einen Staatskirchenvertrag Brandenburgs mit der katholischen Kirche nicht gut aus: Über neun Jahre zogen sich die Verhandlungen der Landesregierung mit dem Vatikan hin, bis Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der scheidende Papst-Botschafter, Erzbischof Giovanni Lajolo, das Abkommen am 12. November 2003 unterzeichneten. Vor genau 20 Jahren, am 27. Mai 2004, trat er dann schließlich offiziell in Kraft, als Platzeck mit Lajolos Nachfolger, Erzbischof Erwin Josef Ender, die Ratifikationsurkunden austauschte. Erst das höchste deutsche Gericht hatte den Weg dazu geebnet.
Es war der Kompromissvorschlag des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2001 zum neuen Pflichtfach “Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde” (LER) und zum konfessionellen Religionsunterricht, den das Land und die Kirchen akzeptierten. Damit endete ein Konflikt, der bald nach dem Ende der DDR und der Neugründung des Landes Brandenburg begonnen hatte. Es ging um den Unterricht über religiöse Fragen an den staatlichen Schulen.
Während SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollten, dass sie im Rahmen von LER behandelt werden, drangen die Kirchen auf ein konfessionelles Fach, wie es in den meisten anderen Bundesländern etabliert ist. Nach der Empfehlung der Karlsruher Richter wurde der Religionsunterricht zwar kein “ordentliches Fach” und wird in alleiniger Verantwortung der Kirchen erteilt, die Schülerinnen und Schüler können ihn aber alternativ zu LER wählen. Die Kirchen kommen mit dieser Lösung “gut zurecht”, so der Leiter des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg, Gregor Engelbreth.
Nach Angaben Engelbreths, der für die Kontakte seiner Kirche zur Landespolitik zuständig ist, liefen die weiteren Verhandlungen bis zum Abschluss des Vertrags dann weitgehend “unproblematisch”. Das Abkommen regelt wie die entsprechenden Verträge der anderen Bundesländer die Beziehungen zwischen Staat und Kirche umfassend.
So garantiert der Staat das Recht der Kirche, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbstständig zu regeln. Auch beinhaltet das Abkommen Sonderregelungen, die mit dem seelsorglichen Auftrag der Kirche begründet sind. So haben Priester unter Berufung auf das Beichtgeheimnis ein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht. Andere Vertragsartikel betreffen den Schutz der Feiertage und den Denkmalschutz bei Kirchenbauten, kirchliche Friedhöfe und die besondere Seelsorge für die Polizei, in Haftanstalten und Krankenhäusern.
Auch der Einzug der Kirchensteuer durch die Finanzämter und die staatlichen Zuschüsse sind Gegenstand des Vertrags. So sieht er jährliche Staatsleistungen an die katholische Kirche in Höhe von einer Million Euro vor. Der Landtag stockte die Summe im Laufe der vergangenen 20 Jahre aus eigener Entscheidung auf 1,6 Millionen Euro auf.
Eine kontinuierliche Erhöhung, wie sie die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz erhält, konnten die katholischen Verhandlungsführer für ihren Vertrag nicht durchsetzen, aus Sicht Engelbreths ein Nachteil des Abkommens mit der katholischen Kirche. Der zusätzliche Betrag in Höhe von 100.000 Euro für die Erhaltung von Kirchengebäuden blieb in den vergangenen 20 Jahren sogar unverändert.
Eine Brandenburger Besonderheit unter den Staatskirchenverträgen der Bundesländer ist der Artikel, der nur eine Kirchengemeinde betrifft, die katholische Pfarrei Neuzelle. Ihr sichert das Land einen jährlichen Zuschuss von 50.000 Euro und ein unentgeltliches Nutzungsrecht der dortigen Stiftskirche zu, die zur größten barocken Klosteranlage Norddeutschlands gehört. Hintergrund dieser Sonderförderung ist, dass das frühere Zisterzienserstift 1817 verstaatlicht wurde. Die Gebäude und Ländereien sind nun im Besitz des Landes und werden von einer öffentlich-rechtlichen Stiftung verwaltet.