Predigttext
1 Dies ist’s, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem: 2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. 4 Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn!
In New York steht im Garten des UNO-Hauptgebäudes eine Bronze-Skulptur, die die Sowjetunion 1959 der UNO geschenkt hat. Sie zeigt einen Mann, der ein Schwert zu einem Pflug schmiedet. Der Titel dazu lautet: „Wir werden unsere Schwerter zu Pflugscharen schlagen.“ Diese Worte nehmen den Bibeltext auf, machen aber daraus eine Wir-Aussage. Dadurch wird aus der prophetischen Heilsschilderung ein Gelöbnis, das die UN-Mitgliedsstaaten für dieses Ziel in die Pflicht nehmen wollte.
Die Bilder aus Kabul, Aleppo oder Mossul sprechen eine andere Sprache. Gegenwärtig haben wir 19 größere Kriege und über 200 gewalttätige Konflikte auf der Welt.
Im Kontrast dazu malt der Prophet aus, wie es sein soll, wenn die Völker nach Jerusalem strömen, und Gott ihnen dort Weisung gibt, um ihre Konflikte zu schlichten. Alle Kriegsgeräte werden dann überflüssig sein, und deswegen werden die Völker „ihre Schwerter zu Pflugscharen schlagen und ihre Speere zu Winzermessern machen“.
Wir Menschen vertrauen im Zweifelsfall eher auf den Einsatz von militärischer Gewalt. Sie verheißt uns eine scheinbare Sicherheit. Aber was wird dann aus der biblischen Sehnsucht nach einem Frieden, der keine Waffen mehr nötig hat? Das Setzen auf die eigene Stärke hat es zu allen Zeiten gegeben, auch zur Zeit des Propheten Jesaja. Mitten hinein in die militärische Bündnissuche seines Königs wetterte er: „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht!“ (Jesaja 7,9)
Glaube lebt aus dem Vertrauen auf Gott, der stärker ist als die Mächte und Gewalten und seinen Frieden, der höher ist als unsere Vernunft. Dieser Glaube lässt Menschen Ungewöhnliches tun:
Der Schmied Stefan Nau gehörte zur Friedenbewegung in der DDR. Am 24. September 1983 schmiedete er auf dem Lutherhof in Wittenberg in einer Aktion vor 2000 Menschen ein Schwert zu einem Pflug um. Das Bild ging um die Welt in einer Zeit, wo Ost und West sich mit neuen Mittelstreckenwaffen bedrohten. Nau hat danach allerdings seine Aufträge als Handwerker verloren, ist später in den Westen ausgereist und hat deshalb viel Kritik erfahren. Aber er hat ein friedliches Zeichen gesetzt!
Gewalt erzeugt Gewalt, aber Gewaltlosigkeit ist stärker als Waffen. Das hat Mahatma Gandhi in Indien gezeigt, Martin Luther King in den USA, Nelson Mandela in Südafrika und die Montagsdemonstrationen für den Fall der Mauer 1989 in der DDR.
Drei Jahre vor der sogenannten Wende haben wir in der Landessynode in Westfalen darüber diskutiert, ob man nicht wie in den DDR-Kirchen damals von Friedensdienst ohne Waffen als dem deutlicheren Zeugnis für das Friedensgebot Gottes sprechen müsste. Vielleicht sollten wir heute erneut danach fragen, gerade auch angesichts der immer wieder anstehenden Militäreinsätze: Im Irak, in Afghanistan und in Syrien haben sie keinen Frieden gebracht, sondern am Ende nur tausendfache Opfer.
Wie fängt es an? Unsere Gewaltpotenziale entstehen im privaten, alltäglichen Leben. Und Frieden ist nicht einfach nur die Abwesenheit von Krieg. Das Alte Testament spricht von „Schalom“ und meint damit ein ganzheitliches Wohlergehen, das umfassend und bleibend erfahren wird – mit einem Wort, wenn „Gerechtigkeit und Frieden sich küssen“ (Psalm 85,11).