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Vierte Staffel von “Babylon Berlin” startet

Berlin ein Pulverfass. Zu Beginn der 30er Jahre wankt die Hauptstadt Richtung Abgrund. Das zeigt die neue Staffel von Babylon Berlin. Sie spielt dabei mit dem Mythos der Hure Babylon.

Am Sonntag ist es so weit: Das Erste zeigt die ersten vier Folgen der vierten Staffel von “Babylon Berlin”. Sie werfen einen Blick auf das Pulverfass Berlin der frühen 1930er-Jahre. Schon seit Freitag findet sich die Staffel in der ARD-Mediathek.

Fiebriger Lebenshunger, politische Intrigen, Schaukämpfe in den Boxclubs der Unterwelt, blutiger Machtkampf der Banden in der Stadt und brutale Schlägertrupps von SA und Kommunisten in den Straßen. Alles geht drunter und drüber in der Hauptstadt der Weimarer Republik, die Richtung Abgrund wankt.

Die Gleichsetzung Berlins mit Babylon ruft Jahrhunderte alte Bilder zurück. Seit über zwei Jahrtausenden beeinflusst der “Mythos Babylon” Kulturen und Religionen auf der ganzen Welt: Der Turmbau zu Babel, die Hängenden Gärten und die Festungsmauern der damals größten Stadt der Welt gehören zu den herausragenden Stätten der Antike. Seit 2019 zählt das 85 Kilometer südlich von Bagdad gelegene Babylon zum Welterbe.

Entwicklung von Recht und Schrift, Architektur und Religion: Die Stadt entwickelte sich seit dem 2. Jahrtausend vor Christus unter der Herrschaft von König Hammurabi zu einer der wichtigsten Stätten der Menschheit. Archäologen und Altertumsforscher sehen in ihr eine Geburtsstätte urbaner Zivilisation.

Die Bibel dagegen verdammte die Stadt am Euphrat als “Hure Babylon”. Kein Wunder, denn schließlich hatten die Truppen von König Nebukadnezar II im Jahr 586 vor Christus Jerusalem und dessen Tempel zerstört und die Führungsschicht der Juden ins babylonische Reich verschleppt. Erst 538 vor Christus durften sie zurückkehren. Ein Tiefpunkt in der Geschichte des Judentums. Allerdings: In der Auseinandersetzung mit der babylonischen Religion wurde in diesen Jahren der Grundstein für das Judentum als eigenständige Kultur und Lebensanschauung gelegt.

Babylon als Negativfolie und als Symbol für Götzendienst, Unzucht, Überheblichkeit und Sünde – der gescheiterte Turmbau zu Babel und die babylonische Sprachverwirrung stehen dafür. Seitdem werden Städte mit ausgeprägtem Nachtleben gern als Sündenbabel bezeichnet. Luther bezeichnete in seinen papstkritischen Flugblättern Rom als die neue “Hure Babylon”; er schrieb von der “babylonischen Gefangenschaft der Kirche”.

Auch Dürer, Rembrandt und andere alte Meister griffen die biblisch beeinflusste Perspektive auf das “Sünden-Babel” oft und gerne auf. Der Mythos klingt auch in moderner Kunst an. So steht ein Gemälde von Emil Nolde über das Pfingstereignis für die biblische Verheißung vom Ende der Sprachverwirrung.

Jenseits des Mythos hat Berlin im übrigen eine enge Verbindung zum antiken Babylon: Von 1899 bis 1915 leitete der deutsche Architekt und Archäologe Robert Koldewey erste Ausgrabungen an der antiken Stätte. Das Projekt war eine der ersten deutschen Großgrabungen im Nahen Osten. Von über 77.500 geborgenen Objekten befinden sich heute rund 30.000 Objekte im Vorderasiatischen Museum in Berlin, das Teil der Welterbestätte Museumsinsel Berlin ist. Dazu gehören auch das Ischtar-Tor und mit der Prozessionsstraße.