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Vielfalt erhalten

Die Liturgie aus Surinam ist Auftrag zur gemeinsamen Sorge für die Schöpfung

Soest – „Mindestens 1000 Frauen erreichen wir von Oktober bis Februar und informieren über Land, Leute und Gebetsordnung“, erklärt Claudia Montanus und zeigt auf die Weltgebetstags-Liturgie surinamischer Christinnen mit dem Titel „Gottes Schöpfung ist sehr gut!“. Frauen bereiten sich in über 100 Ländern weltweit vor auf die Gottesdienste für den 2. März. In Gebet und Handeln verbunden mit Surinams Frauen werden wieder hunderttausende Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland erwartet. Mit den erzielten Kollekten zum Weltgebetstag (WGT) 2018 fördert das Deutsche WGT-Komitee das Engagement seiner weltweiten Projektpartnerinnen.
In Westfalen ist die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen ein Verband, der in einem ökumenisch zusammengesetzten Team jährlich sieben zentrale mehrtägige Tagungen zur Vorbereitung mit fast 120 Teilnehmerinnen durchführt, darunter auch für den WGT für Kinder. Daneben gibt es jedes Jahr mindestens eine Bildungsreise ins Land und unzählige Tagesveranstaltungen vor Ort. „Mir ist es wichtig, einerseits deutlich zu machen, wie individuell die Kultur, die Natur und die Lebenssituation des jeweiligen Landes ist“, betont die WGT-Beauftragte der Frauenhilfe, „und andererseits die Probleme anschaulich zu machen und die eigene Verantwortung zu verdeutlichen.“ Dafür greift die 54-jährige Religionspädagogin immer wieder zu kreativen Umsetzungsmitteln für die Liturgie.
Mit Surinam steht in diesem Jahr das kleinste Land Südamerikas im Fokus. Es vereint afrikanische und niederländische, kreolische und indische, chinesische und javanische Einflüsse. Dank seines subtropischen Klimas ist eine vielfältige Flora und Fauna entstanden. Hauptverkehrsmittel sind Boote, Hauptverkehrswege Flüsse.
Surinam hat mit vielschichtigen Umweltproblemen zu kämpfen. Die großen Mangrovenwälder verschwinden zunehmend durch Abholzung für den Häuserbau und durch den steigenden Meeresspiegel. Der Export von Gold, Öl und bis 2015 noch Bauxit ist Surinams wirtschaftlicher Motor mit 85 Prozent  der Exporterlöse. Durch den massiven Goldabbau wird das Trinkwasser mit Quecksilber verseucht. Wissenschaftler haben jüngst nachgewiesen, dass 70 bis 100 Prozent der Kinder und schwangeren Frauen in den Goldabbaugebieten eine Quecksilberbelastung aufweisen, die zu Gehirnschädigungen führen kann.
Die rund 540 000 Menschen in Surinam zeigen eine ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt. Von Einwanderern aus drei Kontinenten stammt die Mehrheit der Bevölkerung ab: Afrika, Asien und Europa. Deshalb werden mehr als 20 Sprachen gesprochen, mit Niederländisch als Amtssprache. Vor der Kolonialisierung war Surinam von fünf verschiedenen Indianerstämmen besiedelt. Heute sind die Maroons, Nachfahren versklavter Afrikaner, eine der größeren ethnischen Gruppen.
Das traditionell harmonische Zusammenleben in Surinam ist zunehmend gefährdet. Schwanken die Preise der Rohstoffe auf dem Weltmarkt, so trifft dies den surinamischen Haushalt empfindlich. Das einst gut ausgebaute Sozialsystem ist mittlerweile kaum noch finanzierbar. In den Familien nimmt Gewalt gegen Frauen und Kinder zu. Vermehrt brechen schwangere Teenager die Schule ab. Frauen prostituieren sich aus finanzieller Not.
Die ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt Surinams findet sich auch im Gottesdienst; Frauen der sieben unterschiedlichen Ethnien erzählen aus ihrem Alltag. Vertreterinnen aus fünf christlichen Konfessionen haben an  der Liturgie aus Surinam mitgewirkt. Sie laden ein, für die Schöpfung Gottes zu danken und zu beten und sich gemeinsam für ihren Schutz einzusetzen.
In dem von ihnen ausgewählten Bibeltext geht es um die erste Schöpfungserzählung (Genesis 1,1 bis 2,3). Alle Männer und Frauen seien Vertreter Gottes. Als göttliches Ebenbild sollen sie das gemeinsame Haus aufbauen, wie es ganz am Anfang der Bibel erzählt wird. Ihr Herrschaftsauftrag ist ein „Hüteauftrag“, weil alle zusammen leben – und auf Dauer. „Es geht um die gemeinsame Sorge für die Schöpfung, gegen eine Überordnung von Mann über Frau, Mensch über Natur, Besitzenden über Beherrschten“, so Montanus.