Alles nur mittelalterliche Propaganda? Die Geschichte der Gebeine der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom weist große Lücken auf. Dennoch hält ihre Verehrung bis heute an.
Die Heiligen Drei Könige gehören zu jeder Weihnachtsgeschichte dazu. Doch eigentlich ist im Matthäus-Evangelium nur von “Magiern aus dem Osten” die Rede. Warum aus ihnen schließlich Könige wurden, ist eine verschlungene Geschichte. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Fakten zu einem lebendigen Brauchtum.
Das Matthäus-Evangelium erzählt je nach Übersetzung von Weisen, Magiern oder Astrologen aus dem Osten, die, einer Sternenkonstellation folgend, über Jerusalem nach Bethlehem kamen, um den neugeborenen König der Juden zu suchen. Sie fanden ihn in einem Stall und schenkten dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrrhe. Der Kirchenlehrer Origenes (ca. 185 bis 255 n. Chr.) sprach erstmals von der Dreizahl der Magier, die er aus den drei Geschenken herleitete. Der Kirchenlehrer Tertullian (ca. 160 bis 225) führte Schriftstellen aus dem Alten Testament an, um die Magier als Könige bezeichnen zu können.
Der Volksglaube machte aus den Magiern Könige verschiedener Erdteile. Seit dem sechsten Jahrhundert werden ihre Namen mit Caspar, Melchior und Balthasar angegeben. In der Kunst wird zumeist Caspar als Myrrhe schenkender Afrikaner, Melchior als Goldschätze überreichender Europäer und Balthasar als asiatischer König gezeigt, der Weihrauch zur Krippe bringt.
Im Jahr 1164 entführte der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel, der Kanzler Kaiser Friedrich Barbarossas war, die vermeintlichen Reliquien der drei Männer aus dem eroberten Mailand an den Rhein. Damit wurden Köln und seine Kathedrale zu einem der bedeutendsten Wallfahrtszentren des Mittelalters. Der von Nikolaus von Verdun Anfang des 13. Jahrhunderts geschaffene und im Dom aufbewahrte Schrein gehört zu den wichtigsten Goldschmiedearbeiten des Mittelalters.
Erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Verehrung in Köln tauchen Legenden und Berichte auf, die von den Heiligen Drei Königen erzählen. Danach soll die heilige Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, im vierten Jahrhundert im Heiligen Land nicht nur das “wahre Kreuz” Jesu, seinen “heiligen Rock” und den Schleier der Gottesmutter Maria, sondern auch die Gebeine der drei Könige entdeckt und nach Konstantinopel gebracht haben. Auch darüber, wie die Gebeine dann nach Mailand gelangten, gibt es nur Berichte aus dem 12. und späteren Jahrhunderten.
Historiker äußern erhebliche Zweifel daran, ob die in Köln verehrten Reliquien überhaupt echt sind. Sie fragen, ob die ganze Geschichte nur eine geschickte Inszenierung Barbarossas und Rainald von Dassels gewesen sei, um die Position des Kaisers aufzuwerten. Stutzig macht den Münchner Historiker Ralf Lützelschwab etwa, dass bis zur Entführung der Gebeine aus Mailand in keiner historischen Quelle der selbstbewussten italienischen Stadt von Reliquien der Heiligen Drei Könige die Rede war. Auch von einer Verehrung der Männer, die von der Kirche niemals offiziell heiliggesprochen wurden, schweigen die Zeitzeugen.
Die katholische Kirche feiert das Fest der Heiligen Drei Könige am 6. Januar. Es wird auch als Hochfest der Erscheinung des Herrn bezeichnet, weil die Geburt Jesu und seine königliche Würde damit der Welt offenbar wurden. Die Heiligen Drei Könige werden auch als Schutzpatrone der Reisenden, Pilger, Kaufleute, Gastwirte und Kürschner verehrt. Das Dreikönigsfest ist heute noch in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt gesetzlicher Feiertag.
In vielen Regionen war es schon seit dem Mittelalter üblich, dass Kinder und Jugendliche rund um den Dreikönigstag von Haus zu Haus zogen, Segenswünsche übermittelten und Gaben sammelten. Seit 1958 fördern das Kindermissionswerk “Die Sternsinger” und später auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) die Sternsingeraktion, bei der Kinder als Könige verkleidet Spenden für ihre notleidenden Altersgenossen in Entwicklungsländern sammeln.
Meist schreiben oder kleben sie auf Haustüren den mit der jeweiligen Jahreszahl verbundenen Segenswunsch “C + M + B”. Die Abkürzung steht für “Christus mansionem benedicat” (Christus segne dieses Haus), erinnert aber auch an die von der Tradition überlieferten Namen der drei Könige. Gefördert wird diese Aktion auch von allen Bundeskanzlern seit Helmut Kohl 1984, die jeweils zu Jahresbeginn Sternsinger ins Kanzleramt einladen. Das Sternsingen gehört seit 2015 zum deutschen immateriellen Kulturerbe der Unesco.