Seit 2022 erhebt Tübingen eine Verbrauchsteuer auf nicht wiederverwendbare Verpackungen – etwa in Schnellrestaurants. Das sei zulässig, entschied das Bundesverfassungsgericht. Nun dürften andere deutsche Städte folgen.
Nach Tübingen können auch andere Städte in Deutschland eine Verbrauchsteuer auf Einwegverpackungen für Gerichte oder Getränke – etwa in Schnellrestaurants erheben. Das ergibt sich aus einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Die Beschwerdeführerin, die als Franchise-Nehmerin ein McDonald’s-Schnellrestaurant in Tübingen führte, scheiterte mit ihrer Verfassungsbeschwerde.
Im Beschluss des Ersten Senats heißt es, der mit der Tübinger Verpackungssteuer bezweckte “Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen” widerspreche nicht der Konzeption des bundesrechtlichen Abfallrechts. Es sei eine zulässige “örtliche Verbrauchsteuer”. Ihr erklärtes Ziel ist es, Vermüllung im Stadtgebiet durch im öffentlichen Raum entsorgte To-go-Verpackungen zu verringern.
Tübingen erhebt seit Januar 2022 eine Steuer auf den Verbrauch nicht wiederverwendbarer Verpackungen sowie nicht wiederverwendbaren Geschirrs und Bestecks bei Speisen und Getränken – für den Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht.
Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) erklärte, jetzt sei “rechtlich endgültig anerkannt, was wir in Tübingen seit drei Jahren sehen: Die Verpackungssteuer wirkt, bringt Mehrweg-Lösungen voran und drängt die Müllflut im Stadtbild ganz wesentlich zurück”. Palmer sagte weiter: “Wir wissen von vielen Städten, dass sie nur auf das Urteil gewartet haben.” Sie könnten nun ebenfalls eine solche Verpackungssteuer auf den Weg bringen. “Dafür ist jetzt der Weg frei.” Deshalb sei “heute ein guter Tag für den Umweltschutz, aber auch für innovative Ideen der Kommunen in Deutschland”.
Die Deutsche Umwelthilfe rief alle Städte und Gemeinden zur Einführung von Einweg-Verpackungssteuern auf. Die Kommunen hätten Rechtssicherheit und könnten “eigene kommunale Steuern auf Einweg-to-go-Verpackungen erheben, um die Müllflut vor Ort einzudämmen”. Die Umwelthilfe unterstützt Bürger dabei, den Druck auf ihre Städte zu erhöhen. Auf der Website www.duh.de/antrag-verpackungssteuer heißt es: “Fordere daher jetzt bei dir vor Ort die Einführung einer solchen Steuer und erstelle dafür ganz leicht mit nur wenigen Klicks einen Antrag für deine Stadt.”
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Umwelthilfe in Berlin, erklärte: “Der amerikanische Fast-Food-Konzern McDonald’s ist mit seinem Kampf für Einwegmüll und gegen Mehrwegverpackungen nun endgültig gescheitert.” Jede Verpackungssteuer einer weiteren Kommune erhöhe den Druck auf die künftige Bundesregierung, eine bundesweite Einweg-Abgabe auf to-go-Verpackungen von mindestens 50 Cent einzuführen “und es besser zu machen als ihre Vorgänger”.
In Tübingen habe die Vermüllung des öffentlichen Raums seit Januar 2022 sichtbar abgenommen. “Und das Mehrwegangebot ist im Verhältnis zu den Einwohnerinnen und Einwohnern mittlerweile das größte in ganz Deutschland.” Elena Schägg, stellvertretende Leiterin der Abteilung Kreislaufwirtschaft bei der Umwelthilfe, sagte: “In Frankreich gibt es bei McDonald’s für Pommes, Salate oder Happy Meals Mehrweggeschirr, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist.”
In Tübingen müssen die Verpackungssteuer alle Betriebe zahlen, die Einwegverpackungen verkaufen. Solche Einwegverpackungen und Einweggeschirr werden mit jeweils 50 Cent netto besteuert, für Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent netto. Die Stadtverwaltung rechnet nach eigenen Angaben mit Einnahmen in Höhe von 800.000 Euro im Jahr.