Die Nachricht sorgte Anfang der Woche für Schlagzeilen. Der Vatikan gestattet die Segnung von gleichgeschlechtlichen, unverheirateten und wiederverheirateten Paaren. Seither rumort es in der Weltkirche.
Kurz vor Weihnachten legt eine Erklärung aus dem Vatikan Bruchlinien in der katholischen Kirche offen. Während wie der Trierer Bischof Stephan Ackermann am Mittwoch zahlreiche deutsche Bischöfe das Papier als Durchbruch in der Seelsorge lobten, fallen die Reaktionen in anderen Teilen der Welt kritischer aus.
Am Montag hatte die vatikanische Glaubensbehörde überraschend eine Grundsatzerklärung veröffentlicht. Sie erlaubt es Priestern, homosexuelle und auch unverheiratete und wiederverheiratete Paare zu segnen. Zugleich fordert der Vatikan, eine Verwechslung mit einer Eheschließung auszuschließen. Die katholische Lehre, wonach die sexuelle Vereinigung nur innerhalb einer Ehe von Mann und Frau erlaubt sei, bleibe unverändert. Auch dürfe die Segnung nicht in einem gottesdienstlichen Rahmen erfolgen.
Während Fachleute über die konkreten Konsequenzen aus dieser Erklärung diskutieren, zogen die Bischöfe im afrikanischen Malawi und in der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan bereits eine rote Linie. Sie untersagten Segnungen für schwule und lesbische Paare. Diese widersprächen “direkt und ernstlich der göttlichen Offenbarung und der ununterbrochenen, 2.000-jährigen Lehre und Praxis der katholischen Kirche”, heißt es in einem auf Russisch verfassten Hirtenbrief aus Kasachstan.
Auch die Malawische Bischofskonferenz erließ ein förmliches Verbot von Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, “um Verwirrung unter den Gläubigen zu vermeiden”. Ohnehin beziehe sich das Vatikan-Papier “Fiducia supplicans” gar nicht ausdrücklich auf solche Paare, sondern handle lediglich von Segnungen für Individuen “unabhängig von ihrem Beziehungsstatus”.
In mehreren afrikanischen Staaten steht praktizierte Homosexualität unter teils hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe. Der kirchliche Umgang mit Homosexualität und mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist daher auch in christlichen Kirchen in Afrika ein großer Stolperstein. So kündigten etwa zuletzt mehrere anglikanische Nationalkirchen Afrikas und des Globalen Südens dem anglikanischen Ehrenoberhaupt, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, wegen dieser Frage die Kirchengemeinschaft auf.
Reserviert reagierten die Bischöfe in den USA. In der dortigen Bischofskonferenz haben sich die Spannungen zwischen Konservativen und Reformbefürwortern seit Jahren verschärft. Viele US-Bischöfe hadern teils offen mit dem Kurs von Papst Franziskus.
In Deutschland stand die Frage eines veränderten Umgangs mit homosexuellen Menschen weit oben auf der Agenda des Synodalen Wegs. Derzeit laufen Vorbereitungen, den Dialog zur Zukunft der Kirche zwischen Bischöfen und Laien dauerhaft zu verankern.
Gegen diesen Schritt hatte der Vatikan mehrfach Vorbehalte geäußert. Unter Verweis darauf erklärten die vier Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln), aus der weiteren Finanzierung der Initiative auszusteigen. Woelki hatte zudem im Sommer einen Pfarrer seines Erzbistum gemaßregelt, weil dieser eine Segensfeier für Liebende angeboten hatte.
Auf Anfrage äußerte sich der Kölner Kardinal nicht persönlich zu dem jüngsten Vatikanpapier. Die Pressestelle des Erzbistums Köln betonte, das Dokument verknüpfe die überlieferte Lehre vom Ehesakrament mit dem Aufruf zu einer behutsamen Pastoral für Paare “in besonderen Lebenssituationen”. Im Erzbistum Köln werde man auch weiterhin die Seelsorge “in Einheit mit der Universalkirche” gestalten.
Aus Eichstätt hieß es am Dienstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), der Bischof äußere sich aktuell nicht. Aus Regensburg kam keine Antwort.
Nach Ansicht des Passauer Bischofs Stefan Oster erweitert das Vatikan-Papier den Spielraum für die Seelsorge, ohne dass an der kirchlichen Lehre etwas geändert werde. Die entscheidende Neuerung, so der Bischof in einem auf seiner Internetseite veröffentlichten Kommentar, liege in dem Verständnis dessen, was ein Segen sei. Dabei gehe es um ein Handeln außerhalb von Gottesdienst und Liturgie. Bereits ausformulierte Texte und Rituale, wie sie dazu in Deutschland schon erarbeitet worden seien, seien “ausdrücklich nicht erlaubt”.
Klärungsbedarf sieht auch der Aachener Bischof Helmut Dieser, der das Papier jedoch grundsätzlich begrüßte. Konkret bezog er sich auf die beim Synodalen Weg erarbeiteten Ausführungen zum Thema Segnungen. Das Bistum Rottenburg-Stuttgart kündigte unterdessen an, zeitnah Vorschläge für entsprechende Segnungen von homosexuellen sowie von unverheirateten oder wiederverheirateten Paare zu erarbeiten.