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US-Theologe: Trumps religiöse Kriegsrhetorik ist gefährlich

Mit vielen religiösen Anspielungen hat US-Präsident Trump die Bomben auf den Iran untermauert. Der US-Theologe Massimo Faggioli hält das für gefährlich. Die Gründe.

Flankiert von drei katholischen Ministern hält Donald Trump eine Rede an die Nation – mit vielen religiösen Andeutungen
Flankiert von drei katholischen Ministern hält Donald Trump eine Rede an die Nation – mit vielen religiösen AndeutungenImago / Zuma Press Wire

Der US-amerikanische Theologe Massimo Faggioli hält die religiös aufgeladene Rhetorik der US-Regierung unter Donald Trump für gefährlich. “Mit der religiösen Sprache, die verwendet wird, ist die maßgebliche Lehre des Krieges nicht mehr die klassische des ‘gerechten Krieges’, sondern die eines ‘heiligen Krieges'”, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Aus seiner Sicht ist diese Verschiebung ein weiterer Schritt zur Demontage der internationalen Ordnung: Die Lehre vom gerechten Krieg habe im Nuklearzeitalter klare Grenzen und moralische Grundsätze. Letztere gebe es bei einer kreuzzugartigen Vorstellung vom Krieg aber nicht. Stattdessen heiße es hier: “Gott ist auf unserer Seite”. Diese Vorstellung vom heiligen Krieg würde nach Faggioli auch Kriegen mit interchristlichen (russische Invasion in der Ukraine) oder interreligiösen Untertönen (Israel und Gaza, Israel und Iran) mehr ideologischen Zündstoff geben.

Rede an Nation: Donald Trump beschwört Gott

Mit seiner Warnung bezieht sich Faggioli vor allem auf Trumps Ansprache an die Nation vom vergangenen Wochenende, in der der US-Präsident die Bombardierung iranischer Atomanlagen mit zahlreichen religiösen Anspielungen untermauerte. Dieses Stilmittel könnte tiefgreifende Auswirkungen haben, warnte der Theologe: “Der Schluss von Trumps Rede, mit all den Beschwörungen Gottes, läuft tragischerweise auf eines der stärksten Argumente für den Atheismus hinaus.”

Gern zeigt sich Donald Trump mit einer Bibel, wie hier im Juni 2020
Gern zeigt sich Donald Trump mit einer Bibel, wie hier im Juni 2020Imago / UPI Photo

Faggioli erklärt das so: “Diese Herabsetzung Gottes als Rechtfertigungsgrund für die Außenpolitik eines Präsidenten ist weitaus radikaler als der Neoatheismus, den wir in den letzten Jahrzehnten bei Intellektuellen wie Dawkins und Hitchens beobachten konnten.” Er wertet das als “sehr gefährlich für die interreligiösen Beziehungen”, aber auch für die externe Wahrnehmung des amerikanischen Christentums und die weltweite Kirche im Allgemeinen.

Besonders kritisch sieht Faggioli die Inszenierung der Rede, bei der Trump von drei hochrangigen katholischen Regierungsvertretern flankiert wurde: Vizepräsident J.D. Vance, Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Pete Hegseth. Letzterer hatte bereits 2020 mit seinem Buch “American Crusade” für Aufsehen gesorgt. Solche Auftritte wirkten sich auf die Wahrnehmung der katholischen Kirche in den USA aus, so der Theologe.

US-Katholizismus mit pazifistischer Tradition

Ob diese der religiösen Aufladung politischer Entscheidungen etwas entgegensetzt, ist für Faggioli unklar: “Im US-Katholizismus gibt es eine lange Tradition des Patriotismus, die es Kirchenführern schwer macht, den Präsidenten und Oberbefehlshaber zu kritisieren – insbesondere, wenn er zum Krieg aufruft.” Ein weiterer Grund für das zögerliche Verhalten sei die enge Verbindung vieler US-Katholiken zum Militär. Das zeige sich auch darin, dass der US-amerikanische Militärbischof, Timothy Broglio, aktuell Vorsitzender der US-Bischofskonferenz sei.

Die Theologie diskutiert Krieg und Frieden unter dem Schlagwort “gerechter Krieg”. Demnach ist Krieg nur unter strengen Bedingungen erlaubt: Er muss der Verteidigung dienen, alle anderen Mittel müssen ausgeschöpft sein, es muss Aussicht auf Erfolg bestehen und der Schaden darf nicht größer sein als das abzuwehrende Übel. Diese Gedanken gehen auf antike Philosophen und erste Christen zurück.

Seit 2000 spricht die Deutsche Bischofskonferenz nicht mehr vom “Gerechten Krieg”, sondern vom “Gerechten Frieden”. Krieg sei immer ein Unrecht, das nur in Ausnahmefällen hingenommen werden könne. Die Evangelische Kirche schloss sich dieser Sichtweise 2007 an.