Tiefblau ist der Himmel. Azurfarben schimmert der riesige Sevan-See, die „Blaue Perle Armeniens“. Dazwischen erhebt sich über steilem Ufer das spitze Dach der Apostelkirche des Sevanklosters aus dem neunten Jahrhundert. Unten am Ufer werden hübsche Souvenirs angeboten. Die weißen und schwarzen Strände rund um den großen See gelten als „Copacabana Armeniens“.
Atemberaubende Naturlandschaften
Noch reisen wenig europäische Touristen durch das zauberhafte, aus zwölf Provinzen bestehende Land mit seinen gastfreundlichen Menschen. Eine Reisegruppe des Veranstalters „Biblische Reisen“ ist unterwegs – unter anderem auf den Spuren der Christen in diesem noch fast unbekannten Land. Es ist etwa so groß wie die Schweiz. Die Landschaft ist beeindruckend. Wilde Schluchten, steile Berge, die in der Sonne in rostrot, grün, gelb und ockerfarben leuchten. Aus deren Gestein sind die Häuser in ganz Armenien, auch in der Hauptstadt Jerewan gebaut.
Anderswo erheben sich die Berge in sanften Wellen, von schmalem Grün durchzogen. Hier wird Weizen angebaut oder es ist Grasland. Auf dem 2410 Meter hohen Selim-Pass der gut ausgebauten, kurvenreichen Panoramastraße überrascht eine gut erhaltene Karawanserei, Relikt eines Zweiges der einstigen, von China kommenden Seidenstraße. Beiderseits strotzen die Täler vor üppiger Fruchtbarkeit. Aprikosen, die Nationalfrucht Armeniens, Pfirsiche, Granatäpfel, Weintrauben, Pflaumen, Kastanien, Nüsse und Eingemachtes werden am Straßenrand feilgeboten.
Bei einem Volkskunstfestival im kleinen Kurort Dilidschan, inmitten eines Naturschutzgebietes liegend, begeistern die temperamentvollen Tänze der Mädchen und Jungen in ihren Trachten und das zum Verkauf angebotene Kunsthandwerk. Im örtlichen Museum reicht die Palette der Exponate von der Bronzezeit bis zu klassischen und modernen Gemälden.
Zum üppigen Lunch ist die Gruppe in einem Privathaus eingeladen. Wie überall besteht die Vorspeise aus frischen Kräutern, Gemüse und Käse jeder Art – alles in hauchdünne, Lawasch genannte Fladen eingewickelt. An Artistik grenzt die Zubereitung der handtuchgroßen Lawasch: Eine Frau rollt das faustgroße Teigstück hauchdünn aus, die andere Frau schleudert es in Form und lässt es kurz an der heißen Innenseite eines im Boden eingelassenen Tonofens bräunen. Die Unterkünfte, meist in Pensionen (Bed&Breakfirst), kommen bei den Reisenden aus Deutschland gut an. Gastfreundschaft ist alte Tradition in Armenien. In fast jedem Haus gibt es ein Klavier oder ein anderes Musikinstrument. Musiziert wird gern und überall. In Gebirgsdörfern erklingen oft die Klänge der flötenähnlichen Duduk.
Viel ist zu sehen in dem jahrtausende alten Kulturland, und es mangelt nicht an Klöstern. Eine Besonderheit sind die vielen „Chatschkhar“ genannten Kreuzsteine überall im Land, kunstvoll mit Kreuzen, Bildern und Wünschen verzierte Steinstelen. Die frühesten stammen aus dem fünften Jahrhundert. Auf dem Friedhof von Noratus, wo Hunderte dieser Steine kreuz und quer durcheinanderstehen, weist eine alte Frau auf Besonderheiten hin wie primitive kleine Menschenfiguren. Dafür bekommt sie einen Obolus. Denn die meisten Menschen in Armenien sind arm.
Hoch über einer wilden Schlucht beim Dorf Garni erhebt sich ein römischer Tempel, einst Teil eines großen Palastkomplexes und möglicherweise als Grabstätte eines armenisch-römischen Herrschers gedacht. Zwar war er im 17. Jahrhundert bei einem Erdbeben eingestürzt, wurde aber vor fünfzig Jahren originalgetreu wieder aufgebaut. Daneben sind in den Thermen noch Reste einst schöner Mosaike zu sehen. Das Kloster Geghard ist, ebenso wie Kloster Noravankh, zwischen Abgrund und steil aufragenden Bergen unter uralten Bäumen errichtet
Auch die turbulente Hauptstadt Jerewan mit über einer Million Einwohnern strotzt von üppigem Grün. In knapp tausend Metern Höhe, umgeben von Bergen in einer Talsenke gelegen, sind es noch im Herbst über dreißig Grad. Auch hier sind die Gebäude, wie überall im Land, aus den Quadern der vielfarbigen Gebirge errichtet. Das Leben der Universitätsstadt pulsiert wie in Paris oder Rom mit Straßencafes, Restaurants, Geschäften und Museen. Als im Jahre 301 das Christentum zur Staatsreligion erklärt wurde, entstand eine eigene Schrift, die noch heute für Nichtarmenier ein Buch mit sieben Siegeln ist. Erschütternd ist der Besuch der Gedenkstätte Zizernakaberd hoch über der Stadt, in der an den Völkermord an den Armeniern 1915 erinnert wird.