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Unicef-Gutachten: Bildungsinvestitionen gut für Wirtschaft

Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht deutlich mehr Potenzial für Bildungsinvestitionen in Deutschland. Diese seien langfristig gut für die Geförderten und für die Gesamtwirtschaft, so ein Gutachten im Auftrag von Unicef.

Deutschlands Bildungslandschaft spielt im internationalen Vergleich höchstens im Mittelfeld. Aus Sicht von Unicef und des Instituts der deutschen Wirtschaft ist das Potenzial für Verbesserung enorm. Doch es fehle an gut eingesetzten Investitionen – vor allem in “Kinder aus bildungsfernen und fremdsprachigen Familien”. Dann sei ein zwei- bis dreistelliges Milliardenplus für die Wirtschaft denkbar, so das Ergebnis eines am Donnerstag vorgestellten Gutachten des Wirtschaftsinstituts.

Die im Auftrag von Unicef Deutschland durchgeführte Rechnung befasst sich mit dem Startchancen-Programm der Bundesregierung, das derzeit etwa 20 Milliarden Euro kostet. Das Programm fördert laut Bundesregierung über zehn Jahre Schulen “mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler”.

Würde das Programm nur die Hälfte seines Zieles erreichen also nur bei der Hälfte der Kinder mit Förderbedarf einen Effekt haben, würde die Wirtschaft bereits 36 Milliarden Euro Plus machen. Zum Beispiel durch zusätzliche Steuereinnahmen und niedrigere Transferleistungen, wenn die Jugendlichen einen höheren Schulabschluss erreichten.

Das Programm sei ein “toller erster Wurf”, so Studienleiter Alex Plünnecke. Aber es sollte deutlich ausgebaut werden. Derzeit erreiche es nur einen Bruchteil der sogenannten Risikoschüler. Würde man das Startchancenprogramm mit rund 80 Milliarden Euro fördern und statt 10 rund 40 Prozent aller Kinder erreichen, kalkuliert das Gutachten einem Nutzen von wenigsten 102 Milliarden, wenn die Hälfte der Ziele erreicht werde. Bei mehr Effekt sogar rund 285 Milliarden Euro.

“Investitionen für Kinder zahlen sich in jeder Hinsicht aus – für die Kinder selbst, aber auch für die Zukunft unserer Gesellschaft”, bekräftigte der Vorsitzende von Unicef Deutschland, Georg Graf Waldersee. Dabei komme den am meisten benachteiligten Kindern und Jugendlichen eine Schlüsselrolle zu. Hier gebe es die größten Lücken und zugleich das größte Potenzial. Es könne nicht sein, dass jedes Jahr rund 50.000 Kinder die Schule ohne irgendeinen Abschluss verließen. Aber, so Waldersee, die Politik brauche einen langen Atem bei den Investitionen.

Im Gutachten nennen die Wissenschaftler “Bildung”, “Gesundheit” und “Sozialisation” als drei Wirkungsfelder, in denen Deutschland im Vergleich der OECD-Länder nur im Mittelfeld liege. Zwar investiere Deutschland hier bereits, aber andere Länder machten dies erfolgreicher. Als Positivbeispiele nennt das Gutachten Kanada und Dänemark, wo die Sprachförderung und die frühkindliche Bildung deutlich stärker sei. Die Sprachförderung sei ein sehr wichtiger Baustein, so Plünnecke.

Insbesondere die “kompensatorischen Bildungsarbeit von Kindern aus bildungsfernen und fremdsprachigen Familien” sei verbesserungswürdig, so das Fazit der Studie. Kinder dürften nicht dafür bestraft werden, in welchen Kontext sie hineingeboren würden. Schulen und Bildungseinrichtungen bräuchten hier mehr Unterstützung. Das zahle sich letztlich für die gesamte Gesellschaft aus.