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Und sie bewegt sich doch?

Nach katholischer Lehre ist die Segnung homosexueller Paare nicht vorgesehen. Tatsächlich aber geschieht es immer wieder. Kardinal Marx versucht, eine Brücke zu schlagen

© epd-bild / Vadim Kretschmer

Dortmund –  Eine kirchliche Segensfeier für Homosexuelle? Protestanten finden mittlerweile fast überall in Deutschland Pfarrerinnen und Pfarrer, die diesen Wunsch erfüllen. In der katholischen Kirche ist eine solche Segensfeier nicht vorgesehen.
Trotzdem ist auch in der katholischen Kirche Bewegung in die Diskussion gekommen. Reform­orientierte katholische Pfarrer werten jüngste Äußerungen von Kardinal Reinhard Marx positiv. Der Pallottiner-Priester Siegfried Modenbach aus Dortmund etwa sieht darin ein „positives Signal“. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz habe denjenigen Priestern, die die Segnungen homosexueller Beziehungen heute schon vornehmen, „den Rücken gestärkt“, sagte Modenbach (siehe Interview unten).

Im Januar wurde die Debatte neu entfacht

Auch sein Kollege Christoph Simonsen aus Aachen sagt: „Ich glaube, dass Marx eine Brücke dahin schlägt, die Segnung homosexueller Paare zu ermöglichen.“ Sowohl Modenbach, der in Dortmund für das Katholische Forum tätig ist, als auch Simonsen hatten in der Vergangenheit bereits homosexuelle Paare gesegnet.
Kardinal Marx, der Erzbischof von München und Freising ist, hatte kürzlich im Bayerischen Rundfunk mit Blick auf Homosexuelle gefordert, „seelsorgerisch näher dran zu sein an denen, die die Seelsorge brauchen und sie auch erwünschen, und da muss man glaube ich auch ermutigen dazu, dass die Priester und Seelsorger den Menschen in den konkreten Situationen auch einen Zuspruch geben.“ Zum Auftakt der Vollversammlung der deutschen Bischöfe Anfang der Woche betonte Marx jedoch, es gehe nicht „um das Finden von Segnungsmöglichkeiten.“
Ob dieser „Zuspruch“ in der Seelsorge mit einer Segnung gleichzusetzen ist, ließ Marx jedoch im Unklaren. Weder die Pressestelle des Bistums noch die der Deutschen Bischofskonferenz wollten sich dazu äußern.
Mit dem Interview schaltete sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in eine Debatte ein, die sein Stellvertreter Franz-Josef Bode im Januar neu entfacht hatte. Bode regte an, über eine Segnung Homosexueller innerhalb der katholischen Kirche nachzudenken – die jedoch „nicht zu verwechseln ist mit einer Trauung“. Andere katholische Geistliche stimmten dem Vorschlag zu. Der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz etwa forderte daraufhin verbindliche Richtlinien für solche Segensfeiern, um sie liturgisch von einer Eheschließung zu unterscheiden.
Nach katholischer Lehrmeinung ist das Ehesakrament Mann und Frau vorbehalten. Doch auch Segnungen sind nach Kirchenrecht und Morallehre nicht für homosexuelle Beziehungen vorgesehen – unter anderem, weil sexuelle Handlungen zwischen zwei Menschen gleichen Geschlechts als schwere Sünde gelten. Die sexuelle Orientierung verurteilt die katholische Kirche hingegen nicht, so dass Segnungen homosexueller Individuen anders als die ihrer Beziehungen als unbedenklich gelten.
In der Praxis spenden katholische Pfarrer homosexuellen Beziehungen dennoch vielfach den Segen. Häufig finden sie inoffiziell statt, wie es bei der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche heißt. Es sind auch Fälle bekannt, in denen Segnungen sanktioniert wurden. 2008 etwa entzog der damalige Limburger Bischof Peter-Franz Tebartz-van Elst dem Wetzlarer Bezirksdekan wegen der Segnung eines schwulen Paars dessen Amt. Zahlen dazu, wie häufig die Segnungen homosexueller Beziehungen derlei drastische Konsequenzen haben, werden nicht zentral erfasst. epd