Kritik an der Militäroperation in Gaza mehrt sich: Nach einem tödlichen Vorfall bei der Verteilung von Lebensmitteln sprechen Experten von einem “Massaker” durch Israels Armee. Israel ignoriere das oberste UN-Gericht.
Sachverständige der Vereinten Nationen werfen Israel ein gezieltes Aushungern der Zivilbevölkerung in Gaza vor. Den Vorfall vergangenen Donnerstag, als bei der Ankunft von Lebensmitteln in Gaza das israelische Militär in eine Menschenmenge schoss, bezeichneten die Sonderberichterstatter am Dienstag in Genf als “Massaker” inmitten einer unabwendbaren Hungersnot. Dieses Vorgehen Israels sei systematisch.
Bei dem Tumult und der nachfolgenden Gewalt in der Stadt Gaza kamen nach Angaben der Gesundheitsbehörde, die von der Hamas kontrolliert wird, mindestens 112 Menschen ums Leben, rund 760 wurden verletzt.
Die Experten erhoben den Vorwurf, die Schüsse auf Personen, die Hilfsgüter in Empfang nehmen wollten, folgten einem “Muster israelischer Angriffe gegen hilfesuchende palästinensische Zivilisten”. Zwischen Mitte Januar und Ende Februar habe man 14 derartige Vorfälle registriert. Israels Militär habe auch mehrfach das Feuer auf humanitäre Hilfskonvois eröffnet, obwohl diese ihre Koordinaten an Israel weitergegeben hätten.
Unterzeichner der Stellungnahme sind der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Michael Fakhri, die Sonderberichterstatterin für Menschenrechte in den besetzten Gebieten, Francesca Albanese, sowie fünf weitere Sonderberichterstatterinnen und Expertinnen.
Israel ignoriere die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs, die dringend benötigte Grundversorgung der Bevölkerung zu ermöglichen, so die Fachleute weiter. “Israel verweigert und beschränkt systematisch die Einreise von humanitärer Hilfe in den Gazastreifen, indem es Lieferungen an Kontrollpunkten abfängt, humanitäre Konvois bombardiert und auf Zivilisten schießt, die humanitäre Hilfe suchen”, hieß es in der Stellungnahme.
Das oberste UN-Gericht in Den Haag hatte Israel am 26. Januar in einer bindenden Anordnung unter anderem aufgetragen, Schäden der Zivilbevölkerung im umkämpften Gazastreifen möglichst gering zu halten und humanitäre Hilfe zu ermöglichen.
Die Sachverständigen äußerten sich entsetzt über Nachrichten, nach denen Kinder an Unterernährung, Dehydrierung und Hunger zu sterben begannen. Bei diesen Anzeichen wisse man, “dass eine Hungersnot wahrscheinlich bereits eingetreten ist oder kurz bevorsteht”. Im Kamal-Adwan-Krankenhaus in Gaza seien schon 15 Kinder verhungert. Die Experten forderten einen sofortigen Waffenstillstand und die Bereitstellung humanitärer Hilfe.