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Ukrainischer Bischof kritisiert Papst-Aufruf zu Verhandlungen

Unter Ukrainern stößt der Appell von Papst Franziskus für einen schnellen Verhandlungsfrieden mit Russland vielfach auf Empörung. Ein ukrainischer Bischof sagt, der Wille zu Gesprächen spiele nur Russland in die Hände.

Der ukrainisch-katholische Bischof in Deutschland Bohdan Dzyurakh sieht die Empfehlung von Papst Franziskus für einen Verhandlungsfrieden der Ukraine mit Russland kritisch. Viele Ukrainer fühlten sich durch die Aussagen verletzt, zeigten Enttäuschung und Empörung, sagte der Exarch für die Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien am Mittwoch dem Internetportal katholisch.de. “Es scheint, als ob der Heilige Vater uns nicht versteht, und es ist schmerzhaft und bedauernswert, wenn solche Gefühle oder ein solcher Verdacht entstehen.”

Papst Franziskus sei eine der größten moralischen Autoritäten der heutigen Welt. Er lade dazu ein, “mit der Sprache des Evangeliums und nicht mit der Sprache der Politik zu sprechen”. Aber, so Dzyurakh: “In der Ukraine kämpfen wir um unser Leben, unsere Existenz, unsere Zukunft, unsere Freiheit und Würde. Putin will uns vernichten. Das ist das Ziel, das er immer wiederholt.” Da frage er sich dann, ob jetzt der richtige Moment für Verhandlungen sei. “Wird der Angreifer, der auf seine Pläne bis jetzt gar nicht verzichtet hat, nicht eher jede Pause dazu nutzen, sich noch mehr aufzurüsten und sich auf weitere Angriffe vorzubereiten?”

In einem Interview hatte der Papst jüngst der Ukraine den “Mut zur Weißen Fahne” und zu Verhandlungen unter internationaler Vermittlung nahegelegt. Das Symbol der weißen Fahne wird vielfach allerdings als Symbol der Kapitulation verstanden. Vatikansprecher Matteo Bruni erklärte später, der Papst habe “vor allem zu einem Waffenstillstand aufrufen und den Mut zu Verhandlungen wiederbeleben” wollen.

Bischof Dzyurakh erklärte zu den Papst-Äußerungen, es sei zu fragen, was die russische Seite unter Verhandlungen verstehe, “und ob es ein Teil von deren gesamter todbringender Strategie ist, weil Propaganda zu einer der wichtigsten Waffen in den Händen des Kreml-Herrschers geworden ist”. So bleibe fraglich, ob Putin bereit sei, die Ukraine als unabhängigen Staat anzuerkennen und die schweren Verbrechen gegen das ukrainische Volk und gegen die gesamte internationale Friedensordnung zu bereuen. “Wenn das nicht der Fall ist, scheint jede Verhandlung eher zu früh, wenn nicht sinnlos.”