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TV-Moderator Harald Lesch ruft zu “analogem Widerstand” auf

Er ist einer der profiliertesten Wisssenschafts-Erklärer: Harald Lesch rät Menschen, nicht den ganzen Tag online zu sein, sondern Informationen wie Mahlzeiten dosiert zu sich zu nehmen – gegen die digitale Überflutung.

Der Astrophysiker und ZDF-Wissenschaftsmoderator Harald Lesch ruft dazu auf, gegen digitale Informationsüberflutung “in den analogen Widerstand zu gehen”. Das Konsumieren von Informationen sollte wie das Konsumieren von Mahlzeiten gehandhabt werden, damit es für die Menschen bekömmlich sei, sagte Lesch am Mittwochabend in Tübingen. “Seien sie nicht den ganzen Tag online, sondern definieren Sie Informationsmahlzeiten, in denen Sie Nachrichten aufnehmen”, riet er.

Zudem sollten sich die Menschen wieder mehr über strittige Ansichten unterhalten, als reflexhaft ihre Meinung auf Social Media zu posten. “Nutzen Sie die alte Technik des Gesprächs; es ist die größte Missverständnis-Vernichtungsmaschinerie, die man kennt.” Früher seien “an Stammtischen völlig missverständliche Meinungen sofort geklärt worden”; heute stünden sie oft für immer unkorrigiert im Netz, beklagte der Bestsellerautor.

Er riet dazu, “Fast-Food-Medien zu meiden” und sich im Tagesverlauf “Nischen für den Rückzug” aus dem Digitalen zu schaffen, um selbst über Dinge nachzudenken. Soziale Medien seien Zeitfresser, die den Menschen wichtige Lebenszeit raubten. Zeit sei aber eine “nicht mehr reversible” Ressource, betonte er. Sie könne nur einmal genutzt werden und sei dann für immer vergangen, so der Professor für theoretische Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Der Mensch sei nicht Sozialen Medien oder Künstlicher Intelligenz (KI) hilflos ausgeliefert, betonte Lesch. “Wir sind das Lebewesen, das handeln kann und sich nicht digital behandeln lässt.” Er fügte hinzu: “Bleiben Sie Mensch!”

Lesch äußerte sich anlässlich der 20. Tübinger Mediendozentur, einer Kooperation der Universität Tübingen, des dortigen Instituts für Medienwissenschaft und des SWR Studios Tübingen. Lesch sprach zum Thema “Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde”. Seit 2003 kamen für die Mediendozentur unter anderem Claus Kleber, Maybrit Illner, Giovanni di Lorenzo, Alice Schwarzer, Georg Mascolo, Doris Dörrie, Sascha Lobo, Luisa Neubauer und Juli Zeh nach Tübingen.

Bernhard Pörksen, Professor am Institut für Medienwissenschaft in Tübingen, sagte zu Beginn, die 1.300 Karten für den Vortrag Leschs in der Neuen Aula der Universität seien “innerhalb von 26 Minuten weg gewesen”. Die Rede wurde in drei weitere Hörsäle übertragen und auf Youtube live von rund 1.200 Zuschauern verfolgt.