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Trost und Seelsorge für das ganze Land

Das Geiseldrama von Gladbeck, der Mauerfall, Prinzessin Dianas Unfalltod, aber auch die Fußball-WM 2014 oder der Eurovision Song Contest: In den vergangenen 70 Jahren hat die ARD-Sendung „Das Wort zum Sonntag“ alle großen und viele kleinen Themen der Zeit aufgegriffen. Als „kleines, feines Fernsehformat“ und großen „ökumenischen Erfolg“ würdigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die zweitälteste Sendung im deutschen Fernsehen am Donnerstag in der Münchner Markuskirche. 120 Gäste aus Kirche, Gesellschaft und Medien – darunter gut 30 aktuelle und ehemalige Sprecher – waren der Einladung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der ARD gefolgt.

324 Sprecherinnen und Sprecher haben seit der ersten Sendung am 8. Mai 1954 ihren christlichen Blick auf die aktuellen Weltereignisse geworfen. Seit 70 Jahren komme die Kirche mit diesem „genialen“ Konzept jeden Samstag „zu den Menschen nach Hause“, sagte Steinmeier. Unter den Zuschauern seien viele, die sonst nichts mit Religion und Kirche zu tun hätten. Das „Wort zum Sonntag“ werfe gesellschaftlich und ethisch relevante Fragen auf und bediene sich dabei „einer warmen und sorgsamen Sprache“, erläuterte er. Das sei wichtig in einer Zeit, in der sprachliche Verrohung, Hetze und Diffamierung die Debatten prägten. Mit ihrem „Wort“ könnten die Kirchen Menschen Orientierung in Zeiten der Krise geben; diese „Stimme der Kirchen, ihre gesellschaftliche Intervention“ sei nötig, betonte der Bundespräsident.

Die frisch gewählte EKD-Ratsvorsitzende, die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, bezeichnete die Sendung als „Seelsorge im besten Sinne des Wortes“. Die Sprecherinnen und Sprecher könnten „Krisen in Worte fassen, Verzweiflung aufnehmen und die Last, die auf der Seele eines Landes liegt“, Gott anvertrauen. Dabei sei das „Wort zum Sonntag“ so nahbar, dass sich Zuschauerinnen und Zuschauer in ihren Wohnzimmern persönlich gemeint fühlten, betonte die Theologin.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx, zugleich Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, attestierte dem „Wort zum Sonntag“ einen „positiven Kultstatus“. Es sei ein Format, mit dem Christen als kreative Minderheit etwas Wertvolles für die gesellschaftliche Gemeinschaft beitragen könnten. Neben der medialen Präsenz der Kirchen seien aber auch in Zukunft die Gemeinden vor Ort entscheidend: „Menschen müssen sich die Hände reichen, miteinander essen und diskutieren und sich danach wieder versöhnen“, betonte Marx.

Trotz des Ausbaus digitaler Formate prognostizierte BR-Intendantin Katja Wildermuth dem „Wort zum Sonntag“ noch eine lange Zukunft. „Viele Menschen schätzen gerade in dem unendlichen Ozean medialer Möglichkeiten eine redaktionelle Vorauswahl und Verlässlichkeit“, erklärte sie. Das „Wort zum Sonntag“ sei für viele „Teil eines Rituals“, mit dem das Wochenende beginne.

Die Verkündigungssendung ist – nach der Tagesschau – das zweitälteste Format im deutschen Fernsehen. Wöchentlich sendet die ARD das „Wort zum Sonntag“ am Samstagabend nach den Tagesthemen. Mittlerweile sind über 3.650 Worte zum Sonntag gesprochen worden. Der Marktanteil hat 2023 den Angaben zufolge 8,4 Prozent betragen – pro Sendung schalten also rund 1,24 Millionen Menschen beim „Wort zum Sonntag“ ein. (00/3599/14.11.2024)