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Theologe: Niemand wird durch den Tod ausradiert

Nach den Worten des katholischen Theologen Axel Hammes gehört das Totengedenken zur “jüdisch-christlichen DNA” dazu. “Weil wir an einen Gott glauben, der nichts und niemanden vergisst”, sagte Hammes in einem Interview des katholischen Kölner Portals domradio.de (Mittwoch).

“Niemand wird durch den Tod ausradiert”, betonte Hammes. “Denn für Gott ist nichts, was aus Liebe geschehen ist, umsonst. In seiner Welt findet es einen ewigen Platz.” Das bezeuge auch die christliche Bestattungskultur, so Hammes, der Lehrbeauftragter am Bonner Priesterseminar und am überdiözesanen Priesterseminar Lantershofen ist.

Sterben und Tod würden heute aber “weitgehend aus dem Leben ausgegrenzt”, kritisierte Hammes. “Die Welt und auch die Kirche haben sich radikal ins Diesseits vergraben”, kritisierte er. Bei Christen wie Nicht-Christen gebe es “ein eschatologisches Vakuum”, so Hammes. “Das, was uns jenseits des Todes erwartet, erscheint vielen nicht greifbar, nicht real. Deshalb ist das viel Größere, das Transzendente gar nicht mehr denkbar.”

Die Friedhöfe wiesen heute immer mehr Lücken auf, weil sie als Erinnerungsorte keine bedeutende Rolle mehr spielten. Viele Angehörige wählten inzwischen einen Friedwald oder sagten: “Ich trage den geliebten Verstorbenen doch in mir.”

Ein Grab sei jedoch “ein Indiz dafür, dass jemand zwar die Seite gewechselt hat, aber doch uns verbunden bleibt”. Ein Grab zeige sehr anschaulich, “dass es zwei Realitäten für Christen gibt: den unabwendbaren Tod und die uns verheißene Auferstehung von den Toten”, sagte Hammes mit Blick auf Friedhofsbesuche an Allerheiligen und Allerseelen.

Angesichts der Kriege in der Ukraine und in Nahost sagte der Theologe, die dort oftmals geschilderte “Hölle auf Erden” sollte “die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes wieder in uns wecken”. Die Verkündigung des christlichen Glaubens müsse daher ein Gericht Gottes “wieder mehr ins Spiel bringen”, forderte Hammes und fügte hinzu: “Das Gericht erwartet uns alle am Ende der Zeit – nicht als Drohgebärde, sondern als Ausdruck der Solidarität mit denjenigen, denen das irdische Leben alles geraubt hat.”