Er ist der Prior der bekannten ökumenischen Gemeinschaft Taizé – Frère Matthew. Nun spricht er über Lernprozesse im Umgang mit Autorität und über den synodalen Kurs von Papst Leo XIV.
Die ökumenische Gemeinschaft von Taizé blickt selbstkritisch auf ihre eigene Geschichte. In der Juli-Ausgabe der Herder-Korrespondenz betont Prior Frère Matthew, man sei nicht immer ein Vorbild gewesen – insbesondere im Umgang mit Macht und Autorität gegenüber Jugendlichen. Seit Frère Alois Missbrauchsfälle öffentlich gemacht habe, habe sich viel verändert. Heute bemühe man sich stärker um eine Kultur des Zuhörens, Dienens und der gegenseitigen Freiheit. Fortbildungen für Brüder und Verantwortliche bei Jugendtreffen gehören inzwischen zum Alltag.
Frère Roger, der Gründer von Taizé, habe seinen Mitbrüdern stets gesagt, sie seien keine “geistliche Meister”. Doch erst mit der Zeit sei das Bewusstsein gereift, dass man eine gewisse Autorität habe. “Wie können wir diese Autorität einsetzen, um zu dienen, um zuzuhören und um einen Raum zu schaffen, in dem die Freiheit jedes Einzelnen respektiert wird?”, so der Prior, der Mitglied der anglikanischen Kirche und seit 1986 Teil der Taize-Gemeinschaft ist.
Zugleich begrüßt Frère Matthew den synodalen Kurs von Papst Leo XIV. Dessen Ansatz wirke über die katholische Kirche hinaus. Es gehe darum, Entscheidungen gemeinsam zu treffen und Ausrichtungen im Dialog zu gestalten. “Wenn eine Entscheidung getroffen werden muss, brauche ich oft nur zu bestätigen, was die Arbeitsgruppe vorgeschlagen hat”, heißt es.
Matthew lässt sich bei wichtigen Fragen von vier Brüdern beraten – zwei hat er selbst benannt, zwei wurden nach Befragung der Gemeinschaft bestimmt. “Wir Brüder von Taizé versuchen, gut zuzuhören”, so Matthew. Doch Veränderungen bräuchten Zeit und Geduld – auch das gehöre zur gemeinsamen Verantwortung.
Die ökumenische Communauté von Taizé wurde 1942 von Frère Roger gegründet, der sie bis zu seiner Ermordung im August 2005 leitete. Heute leben rund 80 Brüder verschiedener Kirchen in dem burgundischen Dorf sowie in kleinen Fraternitäten in Asien, Afrika, Lateinamerika und einem Vorort von Paris.