Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gilt als eine der wichtigsten Erfolge der Weltgemeinschaft. Zum 75. Jubiläum mahnen Kirchenführer deren Einhaltung an. Doch wie geht die Institution selbst damit um?
Kirchenführer auf der ganzen Welt haben die Einhaltung und Ausweitung der Menschenrechte gefordert. “Der Einsatz für die Menschenrechte ist nie zu Ende”, mahnte Papst Franziskus am Sonntag beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Er sicherte all denen seine Nähe zu, die im Leben zu kämpfen hätten und sich für die Rechte anderer einsetzten.
Der Papst äußerte sich zum Internationalen Tag der Menschenrechte. Vor genau 75 Jahren, am 10. Dezember 1948, verabschiedeten die Vereinten Nationen in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
Auch der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, würdigte die Verkündung der Charta. Da Menschenrechte weltweit zunehmend bedroht würden, sei es verstärkt Aufgabe der Kirche, “Licht, Gerechtigkeit und Wahrheit zu bringen und das Bild Gottes in allem Menschen zu schützen”, so das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche auf der Plattform X, ehemals Twitter.
Aus Sicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, muss für Christinnen und Christen eine Relativierung oder Umdeutung der Menschenrechte undenkbar sein. Letztlich gehe es dabei “um nicht weniger als den Schutz der Würde, die in der Gottesebenbildlichkeit eines jeden Menschen gründet”, sagte Bätzing in einem Statement, das der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt.
Die Menschenrechtserklärung habe vieles bewirkt und wirke auch weiter, so Bätzing. Doch “an allzu vielen Orten werden immer noch unzähligen Menschen ihre grundlegenden Rechte – auch die Religionsfreiheit – vorenthalten. Aggressiver als früher stellen repressive Regimes, aber auch Populisten und Extremisten in den freiheitlichen Ländern die Menschenrechte sogar offen in Frage”.
Nach Worten des Kirchenrechtlers Adrian Loretan ist die Kirche selbst hingegen gar nicht befähigt, Grund- und Menschenrechte umzusetzen. Solange geistliche Autoritäten wie Priester und Bischöfe einen “schrankenlosen Vorbehalt” gegenüber den Laien besäßen, “kann von Grundrechten in einem strikten Sinn in der Kirche nicht die Rede sein”, sagte Loretan dem Portal kath.ch. Das begünstige Machtmissbrauch.
Dabei habe die Kirche historisch einen wichtigen Beitrag zur Entstehung der Menschenrechtscharta geleistet, so Loretan. Wichtige Grundsätze wie die Würde der Person, die Gleichstellung der Gläubigen, das Diskriminierungsverbot und die Religionsfreiheit seien auch schon in den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) aufgeführt. Es sei wichtig, diese “in verbindliches Verfassungsrecht der Kirche übersetzt werden”.
Auch die katholische Reforminitiative Maria 2.0 forderte in einem Brief an Bätzing, der am Montag übergeben werden soll, dass Papst Franziskus die Charta unterschreiben und innerhalb der Kirche anwenden solle: “Solange die römisch-katholische Kirche die Menschenrechte nach innen nicht verwirklicht, kann sie sie nicht von anderen Staaten einfordern. Das ist unglaubwürdig.”
Dafür, dass der Heilige Stuhl die Charta bislang nicht unterzeichnet hat, gibt es viele Gründe: Er ist kein normaler Staat und auch nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Und er bezieht sich auf eine grundsätzlich andere, von Gott her definierte Rechtsgrundlage.