Text und Foto von Heinz-Joachim Lohmann
Sonntag, der 20.07.
Der Tag beginnt wie immer mit dem Frühstück, am Wochenende allerdings erst um 9 Uhr. Jedes Essen beginnt mit einem gemeinsamen Lied: „ThankyouGodforgivingusfood.“ Am Beginn der gemeinsamen Zeit hatte Rolf darauf hingewiesen, dass Variationen aus anderen Traditionen durchaus willkommen sind. Schließlich bleibt es beim Traditionssong des Regenbogenprojektes. Als einzige Änderung wird in diesem Jahr das christliche „lord“ durch das neutrale „god“ ersetzt.
Am Vormittag reden wir über Religion. Abe vertritt im Vorfeld die Überzeugung, dass Religion die Grundlage des Konfliktes in Israel bildet. Rolf erklärt die Eisbergtheorie, nach der immer nur ein siebtel aller Gründe und Motivationen an der Oberfläche liegen und der Rest unsichtbar darunter. In den Familiengruppengesprächen entwickelt sich ein Bild, das nicht zu unseren Vorstellungen passt. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen über einen persönlichen Glauben an Gott oder eine Kraft, die diese Welt übersteigt. Einige organisieren ihr Leben ohne Beziehung zur Transzendenz. Dabei stellt sich heraus, dass die Gemeinsamkeiten in den Einstellungen der jungen Leute größer sind als die Übereinstimmungen mit den Herkunftsreligionen, wahrscheinlich liegen sogar Atheisten und Gläubige gar nicht so weit auseinander. Die kulturelle Ursprungsidentität tritt hinter die individuellen Erwartungen zurück. Selbstbestimmung, Glück, eigene Entscheidungsspielräume, individuell definierte Beziehungen und Gemeinschaften stehen im Vordergrund.
Am Abend, nach Strand und Stadt zurück im Bustan nof Meshutaf, treffen wir Ido, einen Psychiater, der in der Gruppentherapie beschäftigt ist. Er fordert uns auf, über unsere Emotionen ins Gespräch zu kommen. Die Südafrikaner beschreiben, dass ihnen die Unterdrückungssituation ihrer Eltern fremd geworden ist. Sie erleben sich als Mitglieder einer Gesellschaft, in der alle die gleichen Rechte haben und in der Rassismus überwunden ist. Leah, eine deutsche Teilnehmerin, die vor nicht allzu langer Zeit ein Jahr in Südafrika verbrachte, erzählt, dass ihr dort durchaus viel Rassismus begegnet sei. Die Beurteilung von Zuständen hängt immer mit eigenen Erlebnissen und Beobachtungen zusammen. Sajja berichtet von ihren Bedenken vor dem Regenbogenprojekt in der gegenwärtigen Situation in einer Gruppe gemeinsam mit jüdischen Israelis zu leben. Normalerweise begegnen sich Araber und Juden nicht. Sie bekräftigt jetzt wie sehr sie die gemeinsame Erfahrung bereichert.