Ein vielleicht ungewöhnlicher Anblick im Büro einer Pfarrerin: Da steht eine gläserne Vitrine mit 22 Barbies. Lauter Sammlerstücke. In einer Ecke des Büros stehen Kisten mit weiteren Barbies und Zubehör. „Da sind noch unzählige weitere, ,normale‘ Barbies. Mindestens 40“, sagt Nicole Hoffmann. In der Vitrine sind nur die wertvollen Exemplare.
Nicole Hoffmann ist Pfarrerin in Bielefeld-Sennestadt. Und sie sammelt Barbies. „Ich habe schon als Kind gern damit gespielt“, erzählt sie. Zum 18. Geburtstag bekam sie dann von ihrem Mann – damals noch ihr Freund – die erste Sammler-Barbie. „Das hat mich fasziniert.“ Seitdem kommt jedes Jahr mindestens eine dazu.
Dass die Pfarrerin dann aber Szenen ihres Berufslebens nachstellt, fotografiert und im Internet auf Instagram, einem sozialen Netzwerk, hochlädt, das begann erst mit der „Talarbarbie“. Die hat sie aber nicht von ihrem Mann bekommen, sondern vom Presbyterium in Sennestadt. „Das ist eine witzige Geschichte“, sagt sie und erzählt: Bei einem gemütlichen Abend mit dem Presbyterium wurde gespielt. Bei einem Spiel sollte jeder zwei oder drei Dinge über sich sagen – eines davon musste wahr sein, der Rest gelogen. Die anderen sollten raten, was stimmt. „Ich habe gesagt, dass ich Barbies sammle. Und dass ich als Kind einen Hamster hatte, auf den ich mich aus Versehen draufgesetzt habe. Alle dachten, die Hamstergeschichte sei wahr.“
Die Presbyterinnen und Presbyter waren sehr überrascht von Nicole Hoffmanns Sammelleidenschaft. „Sie fanden, das passe nicht so recht zu mir, weil mir doch Gleichberechtigung und Frauenthemen wichtig sind“, sagt sie. „Das stimmt auch. Aber ich sehe Barbies nicht so kritisch. Klar, sie haben tolle Körper. Aber man sollte weder Frauen noch Barbies auf die Figur reduzieren.“
Vielmehr kommt es der 38-Jährigen darauf an, was Barbie alles kann. Und das ist eine Menge. Es gab schon sehr früh die Piloten-Barbie, oder eine als Ärztin oder sogar eine Astronautin. „Barbie kann fast alles. Auf den Verpackungen wird geworben mit dem Spruch: ,You can be anything‘ (Du kannst alles sein). Das ist doch sehr emanzipiert.“
Jedenfalls waren die Presbyterinnen und Presbyter so beeindruckt von diesem Hobby, dass sie Nicole Hoffmann eine Barbie im Talar zur Ordination schenkten. „Das war eine tolle Überraschung. Den Talar haben sie extra nähen lassen.“
So kam ihr schließlich die Idee, sie könnte die Talarbarbie nicht nur in die Vitrine stellen, sondern nutzen. „Ich habe sie schon mal in eine Konfirmationspredigt eingearbeitet“, erzählt Nicole Hoffmann. Dann kam schließlich die Idee mit den Szenen und den Fotos. Seit zwei Jahren hat Talarbarbie einen eigenen Auftritt auf Instagram. „Schon die ersten Fotos kamen gut an. Das hat mich ermutigt weiterzumachen.“ Alle Menschen, die ihr auf diesem Auftritt folgen, können die Bilder sehen und bekommen einen Einblick in den Alltag einer Pfarrerin.
„Manche staunen, dass da doch so viel mehr ist als nur sonntags eine Predigt zu halten“, sagt sie und lacht. Da kommen Rückmeldungen wie „cooles Projekt“. Manche Kolleginnen bedanken sich für die Einblicke in die Arbeit und es fragt auch mal jemand nach – etwa, was eine Pfarrerin denn so viel am Schreibtisch zu tun hat. Nicole Hoffmann geht auf die Kommentare ein und beantwortet Fragen.
Für jedes neue Foto überlegt sie, welche Situation sie inszenieren möchte. Dann sucht sie die passenden Utensilien zusammen. „Ich kaufe viel auf Flohmärkten. Da finde ich tolle Sachen. Ich versuche, möglichst viel gebraucht zu kaufen.“ Dann stellt sie die Szene und schaut nach dem passenden Licht, um ein Foto zu machen. „Manchmal mache ich 40 oder 50 Bilder, bis ich zufrieden bin.“
Für die Pfarrerin ist das ein wunderbares Hobby. Eine Auseinandersetzung mit ihrer Rolle und gleichzeitig eine spielerische Beschäftigung. „Ich kann da sehr gut abschalten. Das ist wie Barbie spielen als Kunstprojekt getarnt“, meint sie. „Ich finde, wir sollten auch als Erwachsene das Spielen nicht verlernen.“
Warum es ihr so wichtig ist, zu zeigen, was eine Pfarrerin macht? „Es ist ein toller Beruf und ich will die Vielseitigkeit deutlich machen.“ Sie wusste schon früh, dass sie einmal Pfarrerin werden möchte. „In der Oberstufe wurde mir klar: Das ist meines. Aus der Jugendarbeit und aus meinem Glauben heraus konnte ich mir nichts anderes vorstellen.“ Nach einer Durststrecke im Studium hat sie vor dem Vikariat eine Pause eingelegt. „Als mein Mann dann Vikariat gemacht hat und ich gesehen habe, was das heißt, habe ich wieder Lust bekommen.“
Apropos spielen: Ihre beiden Söhne (13 und 10) haben durchaus auch mal Spaß an den Barbies. Ihr Mann, der Pfarrer in Verl ist, unterstützt ihre Leidenschaft. „Die drei haben auch immer wieder Ideen für Szenen und Fotos.“ Demnächst möchte sie etwas mit einer Barbie im Rollstuhl machen. „Es gibt sogar eine Barbie mit Prothese“, sagt Nicole Hoffmann.