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Syrische Erdbebenopfer: Bitte helft uns!

Die Sanktionen gegen das Regime in Syrien erschweren die Hilfslieferungen in die Erdbebengebiete. Evangelische Gemeinden vor Ort sind trotzdem für ­not­leidende Menschen da. Ein Blick nach Syrien.

Schutzsuchende, wie hier in der Bethelkirche, haben durch die Katastrophe alles verloren. Hilfe leistet unter anderem das Netzwerk der evangelischen Gemeinden.
Schutzsuchende, wie hier in der Bethelkirche, haben durch die Katastrophe alles verloren. Hilfe leistet unter anderem das Netzwerk der evangelischen Gemeinden.Gustav-Adolf-Werk

Von Enno Haaks

Fast 38 000 Todesopfer als Folge des Erdbebens in der Türkei und Syrien wurden am Dienstagmorgen registriert. In Syrien wurden darunter bislang mindestens 6 000 Tote gefunden. „Es gibt kaum eine Familie in Latakia, die nicht betroffen ist“, sagt Pfarrer Salam Hanna, Pfarrer der syrischen evangelisch-presbyterianischen Gemeinde in Latakia. „Wir haben ­direkt nach dem Erdbeben unsere Kirche und die ­Gemeinderäume ­geöffnet. Außer einigen Rissen gibt es an unseren Gebäuden keine Schäden.“ Diese sind zum Glück erd­bebensicher gebaut.

„Die Jugendlichen unserer Gemeinde haben bei der Versorgung der Erdbebenopfer mitgeholfen. Aus unserer Gemeinde ist eine ­ganze Familie ausgelöscht worden. Sie wurde in ihrem Haus verschüttet“, so Pfarrer Hanna weiter. Derzeit sucht die Gemeinde alle ihre Mitglieder auf. „Wir helfen allen, die unsere Hilfe brauchen, auch in der Nachbarschaft der ­Kirche. Die Menschen sind traumatisiert. Die vielen Nachbeben versetzen sie immer wieder in große Angst.“

Pfarrer Hannas Kirche – die Evangelische Kirche in Syrien und im Libanon (NESSL) – hat drei Gemeinden in der Erdbebenregion: in Latakia, in Aleppo und in Hamah.

Das Gustav-Adolf-Werk (GAW) unterstützt sowohl die NESSL als auch die armenisch-evangelische Kirche, die Gemeinden in Aleppo, Kessab und in Damaskus hat. Pfarrer Haroutune Selimian aus Aleppo hat seine Schulen und das Gemeindezentrum für die obdachlos gewordenen Menschen geöffnet. In den Kirchen, ­Gemeindezentren und Schulen der evangelischen Gemeinden beider Kirchen in Syrien sind inzwischen mehr als 1500 Menschen unter­gebracht. Sie müssen versorgt ­werden.

Hilfe wird verhindert

Haroutune Selimian berichtet: „Wir geben ihnen derzeit drei Mahlzeiten am Tag. Viele können nicht mehr in ihre Wohnungen zurück. Sie sind zerstört. In unserem Stadtteil sind 150 Gebäude nur noch Ruinen. Wenn Gebäude noch stehen, haben die Menschen Angst dorthin zurückzugehen. Es gibt starke Nachbeben. Nach den langen Jahren des Krieges seit 2011, der desaströsen wirtschaftlichen Situation Syriens jetzt noch das Erdbeben. Aber auch das werden wir über­stehen – mit Gottes Hilfe!“

Die Sanktionen gegen das syrische Regime spüren die Menschen vor Ort am stärksten. Sie machen Hilfslieferungen kompliziert. Über die Kirchenleitungen, die sich beide im Libanon befinden, war es in der Vergangenheit möglich, Geld zu schicken, damit den Gemeinden und damit den Menschen geholfen werden kann. Allerdings – seit Ende vergangener Wochen werden die ­libanesischen Banken bestreikt.

Die EU-Sanktionen gegen das ­syrische Regime wirken sich unter solchen Bedingungen noch extremer aus. Hilfe wird verhindert. „Das kostet Menschenleben!“, sagt Pfarrer Selimian. „Aber“, so sagt er, „die ­extreme Not hat wohl zu einem Umdenken geführt. Am Freitagvormittag wurde berichtet, dass die Sanktionen gegen das syrische Regime für sechs Monate ausgesetzt werden sollen. Wenn das stimmt, dann können wir auch wieder Hilfsgelder direkt bekommen.“

Das Netzwerk der Gemeinden wird genutzt

Die betroffenen evangelischen Gemeinden befinden sich in ­Gebieten, die von der syrischen ­Regierung kontrolliert werden. In Rebellen­gebieten könnten sie als Christen nicht leben. In der Region Idlib gibt es keine evangelischen Gemeinden mehr. „Für die Menschen in Idlib ist es fast unmöglich, das islamistisch kontrollierte Gebiet zu verlassen“, berichtet Pfarrer Joseph Kassab, ­Generalsekretär der NESSL. „Die ­Rebellen verhindern das. In dem Gebiet, das im Nord­osten Syriens von den Kurden und US-Amerikanern kontrolliert wird, könnten sie Hilfe bekommen. Aber es gibt keine offenen Grenzübergänge. Das sind Folgen des Bürgerkrieges, der ­unvermindert weitergeht. Von ­türkischer Seite gibt es weiterhin Angriffe auf kurdische Gebiete in Syrien.“ Der Grenzübergang Bab ­al-Hawa soll nun für UN-Hilfen nach Idlib geöffnet werden.

Das Gustav-Adolf-Werk (GAW) ist derzeit in dauerndem Austausch mit den Partnern in Aleppo, Latakia und Beirut, um Hilfen für die evangelischen Gemeinden zu koordinieren. Die ersten ­Unterstützungen sind auf den Weg gebracht. Das Netzwerk der evangelischen Gemeinden mit ihren freiwilligen ­Helfern wird genutzt, um allen ­notleidenden Menschen vor Ort zu helfen. Hoffentlich erleichtert das Aufheben der Sanktionen für die kommenden Monate das Ankommen der Hilfe. „Wir bitten unsere Partner, wie das GAW, darum: Bitte helft uns! ­Vergesst uns nicht! Wir brauchen Euch!“, sagt Pfarrer Haroutune ­Selimian.

Spendenkonto des GAW der EKBO e.V.:
IBAN: DE80 5206 0410 0003 9013 60
Stichwort Syrien: Erdbebenhilfe

Enno Haaks ist Generalsekretär des Gustav-Adolf-Werks mit Sitz in Leipzig.